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JAHRESMIX 2012
DEZEMBER DER SILBERNE ENGEL
Gertraud hatte in ihrer Küche ein Wandregal. Darauf standen mehrere hübsche Dinge, die sich im Laufe der Jahre ansammelten. Meistens waren es Geschenke, so auch der Silberengel. Ihre Schwiegertochter hatte ihn ihr zu Weihnachten geschenkt. Es war ein sehr dekorativer Engel, mein Glitzerengel, wie Gertraud ihn nannte. Mehrere Jahre stand er schon da. Ab und zu wurde er abgestaubt, und dann kam er wieder auf seinen gewohnten Platz. In der Weihnachtszeit gesellten sich noch ein paar Engel dazu, denn Gertraud liebte Engel. Das wussten ihre Freundinnen, und so wurden es mit den Jahren immer mehr. Die Sammlung bestand aus den unterschiedlichsten Engeln, kleine, große, dicke, dünne, blonde und aus ganz verschiedenen Materialien. Der silberne Engel war der schönste unter ihnen, weil er glitzerte. Kurz vor Weihnachten klingelte es an der Tür. Gertraud öffnete das Fenster und sah einen jungen Mann, der von einem Bein auf das andere hüpfte. Er bat Gertraud, ihre Toilette zu benutzen. Warum nicht? Sie merkte, dass er es eilig hatte, öffnete schnell die Tür, und der junge Mann folgte ihr mit großen Schritten. Gertraud zeigte mit der Hand in die Richtung, und schon war er verschwunden. Es dauerte eine Weile. Gertraud nahm inzwischen Platz im Wohnzimmer. Schließlich wollte sie nicht an der Toilettentüre stehen bleiben. „Wie lang denn noch?“ dachte sie. Dann fiel ihr der Schmuck ein, den sie in einem Behälter im Bad platziert hatte. Es war viel Modeschmuck darin, aber auch ein paar echte Ketten, die Gertraud immer abwechselnd trug. Nun wurde Gertraud unruhig. Sie ging Richtung Bad, und da sah sie den jungen Mann, der vor dem Regal in der Küche stand und den silbernen Engel bewunderte. Er kam aus dem Staunen gar nicht heraus, sprach von einer Silberelfe, die ihm vielleicht bei der Suche nach einem Job helfen könnte. Gertraud überlegte nicht lange. Sie holte den Engel vom Regal, reichte ihn dem jungen Mann, der ganz ungläubig drein schaute und nicht wusste, wie ihm geschah. „Er soll ihnen Glück bringen,“ und ich wünsche ihnen ein schönes Weihnachtsfest. Der Mann öffnete seinen Anorak, verbarg seinen Glücksbringer und sagte im Hinausgehen: „Damit die Elfe nicht friert.“ Dann verschwand er mit leuchtenden Augen, die Gertraud nur von ihren kleinen Kindern am Weihnachtstag kannte.
© C.W.
TAGE MIT GOLDRAND
Der Titel könnte zu meiner Weihnachtsgeschichte passen. Wenn ich kurz darüber nachdenke, weist er auf besondere Tage hin, denn bei Goldrand denke ich an Geschirr, das nur an bestimmten Feiertagen hervor geholt wurde. So zum Beispiel zu Weihnachten. Kam die Familie zusammen, wurde das beste Geschirr aus dem Schrank geholt. Eben das, mit dem Goldrand. Da wurde vorher tagelang gebacken und gekocht und geputzt. Man kam gar nicht mehr aus der Küche. Es waren anstrengende Tage, denn man war von morgens bis abends auf den Beinen. Manchmal war ich froh, dass ich ein paar Minuten sitzen konnte. Zwischendurch musste ich immer noch schnell mit dem Fahrrad los fahren, um etwas einzukaufen. Mal reichten die Rosinen für den Mohnkuchen nicht, dann war der Mohn nicht fein genug, die gemahlenen Mandeln zu knapp, Orangeat und Zitronat zu hart, und die Butterplätzchen hatten in der letzten Zeit so abgenommen, dass sie noch einmal gebacken werden mussten. Es waren viele Vorbereitungen notwendig, bis alles am Heiligabend rund um den Tisch saß. Das Geschirr, welches nur ganz selten gebraucht wurde, musste erst gewaschen werden. Eine Spülmaschine gab es damals noch nicht. Außerdem darf Geschirr mit Goldrand nur handgewaschen werden. „Nur nichts fallen lassen, sonst gibt es Ärger, und den kann ich gar nicht haben.“ Es ging alles gut. Der Abend mit dem Goldrand konnte beginnen. Als erstes gab es eine Fischsuppe. Auf die verzichtete ich gerne. Mir wurde ganz komisch, wenn ich in den Kochtopf schaute und mir der Fischkopf samt Augen entgegen blickte. Danach kam gebratener Karpfen auf den Tisch. Er war in Stücke geschnitten, die Teile waren wie Schnitzel paniert, dazu wurde der selbstgemachte Kartoffelsalat serviert. „Ein echtes Schnitzel wäre mir lieber gewesen“, das dachte ich, aber ich wagte es nicht laut zu sagen. In der Familie, in der ich wohnte, gehörte der Karpfen zum Weihnachtsbrauch. Muss ich nicht verstehen. Ich bekam das kleinste Stück, und das war gut so. Auf dem Nebentisch stand eine große Dose mit allerfeinsten Plätzchen. Zwischendurch schielte ich immer wieder hin. So rutschte der Fisch schneller herunter. Die Bescherung erfolgte erst nach dem Essen. Und das dauerte lange. Da war Geduld gefragt, denn nach dem Essen wurde erst das Geschirr gewaschen, damit der Fischgeruch schneller aus der Wohnung verschwand. Es musste wieder gut im Wohnzimmerschrank verstaut werden. Dort ruhte es ein paar Stunden bis zum 1. Weihnachtsfeiertag, denn dann gab es den 2. Tag mit Goldrand.
© C.W.
WEIHNACHTSENGEL
Hier fliegt ein weißer Engel in einer Sternennacht. Wohin wird er denn fliegen? An wen hat er gedacht?
Es gibt so viele Menschen, die warten jetzt auf ihn. Er kann nur einen schützen. Bei vielen weiter ziehn.
Er fliegt zurück zum Himmel. Erzählt vom Menschenleid. Viel Engel hören zu. Und sind wie er bereit,
zur Erde ihn begleiten. Zu einem Menschenkind. Deshalb jetzt viele Engel Zur Weihnachtszeit hier sind.
© C.W.
NOVEMBER
EIN MENSCH, DER LIEBT
Ein Mensch, der liebt,
© C.W.
BEI ROTWEIN
Der Rotwein und das Kerzenlicht, ein schönes Stündlein mir verspricht. So abends, nahe am Kamin. Da lasse ich Gedanken ziehn. Doch jetzt ist Morgen, früh schon wach. Verspüre schon manch Weh und Ach. Verfliegt im Lauf’ des Tages ganz. Wenn ich dran denk an jenen Glanz, den ich in deinen Augen seh. Ganz ohne Wort’ ich dich versteh.
© C.W.
MAN MUSS ERST ÄLTER WERDEN….
Man muss erst älter werden, damit die Sicht wird klar. Obwohl die Linse trüber, sieht man, was wunderbar.
Seh die Kastanien fallen. Schaue dem Rollen zu. Und flinke Hände sammeln sie blitzschnell ein im Nu.
Der Wind spielt mit den Blättern. Sie halten sich noch fest. Nur wenige sie fallen. Am Baume bleibt der Rest.
Das Spiel geht täglich weiter. Der Wind nimmt zu an Kraft. Doch Blätter stets verlieren den nöt’gen Lebenssaft.
Der Ausgang dieses Spieles, der ist mir wohl bekannt. Ein Blatt, ein kleines Kunstwerk Halt ich in meiner Hand.
© C.W.
OKTOBER
SONNENBAD
Heute ist der heißeste Tag des Jahres. Das Thermometer zeigt 37 Grad. Ich liege auf der Liegewiese am Traunsee, dort, wo öffentliches Baden noch erlaubt ist. An diesem Tag gehe ich ständig in den See, und danach gleich auf die Liege, die im Schatten unter einer kräftigen Linde steht. Ich erinnere mich noch genau, wie vor fast 50 Jahren dieser Badeplatz gebaut wurden. Die damals gepflanzten Bäume bieten heute vielen Menschen Schatten und viele Liegen rücken zusammen. Kaum jemand sitzt in der Sonne, und wenn, dann nur für kurze Zeit, um das leckere Eis, auf den Bänken sitzend, genießen zu können. Eine Ausnahme bildet eine Frau, die in der prallen Sonne liegt. Ein junger Mann brachte sie in einem Rollstuhl, neben ihm lief ein kleines Mädchen. Ich schätzte sie auf 10 Jahre. Die Frau war mit einem Bikini bekleidet, Arme und Beine konnte sie nicht bewegen, am Haaransatz hatte sie ein schmales Tuch, und die Augen schützte eine Sonnenbrille. Ich hatte schnell begriffen, dass die Frau auch kein Wort sprechen konnte. Der junge Mann hob sie aus dem Rollstuhl und legte sie auf eine schmale Bastmatte. Die Haut der Frau glänzte, scheinbar war sie vorher eingecremt worden. Die Haut war auffallend weiß, nur das Gesicht war leicht gebräunt. Der junge Mann verschwand mit dem Mädchen im See, für mich zu lange, denn die Frau drehte ihren Kopf mehrmals hin und her und öffnete den Mund dabei, so, als würde sie nach Luft schnappen. Ich lief zu ihr hin und sprach mit ihr, obwohl ich keine Reaktion erwartete. Aber an den Augen, die ich durch die Sonnenbrille sah, merkte ich, dass sie doch etwas verstand.
Ich stellte mich so vor die Frau, dass mein Körper wenigstens ihrem Kopf Schatten bot und sprach beruhigend auf sie ein. Dabei nahm ich ihre Hand, die allerdings keine Reaktion zeigte. Die Sonne brannte auf meinen Rücken, und ich überlegte, ob ich mir nicht mein Handtuch holen sollte. Ich sprach ihn höflich an und riet ihm, die Frau in den Schatten zu legen. Kaum ausgesprochen, sagte mir die Kleine, die sich als seine Schwester entpuppte: „Die will doch braun werden.“ Alle meine Einwände halfen nichts. „Wir fragen sie,“ schlug die Kleine vor. „Wenn sie den Kopf nach links dreht, will sie in den Schatten, und wenn sie ihn nach rechts dreht, will sie in der Sonne bleiben.“ Blitzschnell drehte die Frau den Kopf nach rechts. Also war das entschieden. Die Frau sei 45, hätte auch ein Kind. Das alles erfuhr ich von der zehn Jährigen. Den jungen Mann schätzte ich auf 25. Auch der Mann gab bereitwillig Auskunft. Er sei kein Verwandter, er hätte sie während einer Ausbildungszeit in einem Pflegeheim kennen gelernt und sie heute zum Baden mitgenommen. Er würde bald mit ihr zwecks Abkühlung ins Wasser gehen. Dazu musste er sie erst wieder in den Rollstuhl heben, dann die Uferböschung herunter fahren, sie auf die Arme nehmen, und sie so ins Wasser tragen. Dort stand er dann, brusthoch im See, hielt die Frau fest in seinen Armen, die auf dem Rücken liegend, die Kühlung genoss. Das war mein letztes Bild, das ich im Vorbeigehen auf dem Nachhauseweg sah.
© C.W.
HORTENSIE
Die Blütezeit ist längst vorbei, und trotzdem ist sie schön. OKTOBER ist’s, ein Sonnentag. Ich bleibe lange stehn.
Schau mir das zarte Rosa an. Sie will noch nicht vergehn. Nein, leuchten will sie, mich erfreun. Will noch die Sonne sehn.
© C.W.
MEINE WELT
Ich lebe gern in meiner Welt. Ganz einfach kann es sein. Man braucht nicht viel, erstaunlich ist’s. Bescheidenheit ist mein.
Nicht jeden Tag wird groß gekocht. Der Magen dankt es mir. Wird langsam auch zufriedener. Wendet sich ab von Gier.
So wie es ist, so ist es recht. Finde es traumhaft schön, dass es mir möglich dann und wann. In diese Welt zu gehn.
© C.W.
SEPTEMBER
ENDLICH
Endlichs werden immer weniger und so die Erwartungen. In der Kindheit gibt es so viele ENDLICHS. Endlich darf ich länger aufbleiben und fernsehen. Endlich habe ich Geburtstag, endlich kommt das Christkind und es gibt endlich Ferien. Und so geht es weiter. Ich sehne so viel herbei. Dabei vergesse ich mich im Jetzt zu freuen. In der Teenager Zeit verändern sich die ENDLICHS. Endlich darf ich ausgehen und lange fort bleiben. Endlich werde ich geliebt, der erste Kuss. ENDLICH habe ich auch einen Freund. Das Leben geht weiter und nimmt das Endlich mit. Endlich verheiratet, eine eigene Wohnung. Der Hausbau, endlich können wir einziehen. Es heißt immer hoffen, anstrengen und warten. Nach neun Monaten, endlich kommt das Baby. Nun verlagert sich das ENDLICH auf den Nachwuchs. Endlich schläft er durch, kann laufen, sprechen. Endlich kommt er in den Kindergarten, in die Schule. Und es wiederholt sich alles, wie in meiner Kindheit. Im Alter schrumpfen nicht nur unsere Haut und die Bedürfnisse, sondern auch das ENDLICH zusammen. Es hat nicht mehr die Kraft und die Bedeutung wie früher. Vielleicht gab es im Leben zu viele ENDLICHS, und es hat sich etwas verbraucht und es hat auch ab und zu eine Enttäuschung hinterlassen. Doch ganz ist es noch nicht verschwunden. Tut mir etwas weh, dann setze ich mein ENDLICH wieder ein. Wann hören die Schmerzen endlich auf? Wann ist der Winter endlich vorbei? So begleitet uns das ENDLICH ein Leben lang. Ich möchte es nicht missen, ist es doch mit der Hoffnung verknüpft und ohne diese gibt es kein Leben.
© C.W.
WEN SOLL ICH DENN HEUTE KÜSSEN?
Hältst du still, wenn ich dich küsse? Bin ein Frosch mit großem Maul. Und eins kann ich dir versprechen. Bin beim Küssen gar nicht faul.
Musst mich in die Hände nehmen. Fürcht dich nicht vor meiner Haut. Fühlt sich kalt und glitschig an. Und beim Küssen schmatz’ ich laut.
Wirst den Kuss nie mehr vergessen. Öffnest du mir denn die Tür? Brauche auch ein wenig Liebe. Kann für’s Aussehn nichts dafür.
© C.W.
RUHEPAUSE
Hier ruht sich dieser Engel aus. In Stauden gut versteckt. Mit meinem wachen Fotoaug Hab’ ich ihn schnell entdeckt.
Er braucht die Pause, so wie ich. Kann ihn sehr gut verstehn. Danach wird jeder ausgeruht Flott seiner Wege gehen.
© C.W.
AUGUST
DER SOMMERGRUSS
Neugierig schaut sie übern Zaun. Sie steht in Nachbars Garten. Heut’ machte sie die Augen auf. Ich konnt’ es kaum erwarten.
Denn jedes Jahr ein Sommergruß. Und das an jedem Morgen. Viel Knospen bis zum Herbst hinein Vertreibt mir Alltagssorgen.
© C.W.
SEELENVERWANDTSCHAFT
Es gibt noch Seelen, die gleich klingen. Wo man Verstehen deutlich spürt. Oft sind es nicht die eig’nen Leute, die das Gesagte tief berührt.
Was dazu führt, dass das im Innern so ähnlich nachempfunden wird, das ist für mich SEELENVERWANDTSCHAFT. Es mich erstaunt und tief berührt.
© C.W.
FLIEDERTRÄUME
Ich denke gern an jenen Tanz, wo ich mich an dich schmiegte. Es waren Stunden voller Glück, in denen Schweben siegte.
So herrlich war das Wohlgefühl. Es sollte niemals enden.
Ein Hauch von Flieder in der Luft. Ich hielt dich bei den Händen.
So federleicht war mir das Herz. War schöner als ein Traum. Ich spüre heute noch das Glück Unter dem Fliederbaum.
© C.W.
JULI
VORBILDER
Schafe, die so friedlich grasen, können uns ein Vorbild sein. Jedes findet doch ein Gräslein. Geht ganz ohne Streiterein.
Manche Menschen drängen gerne Vorne in die erste Reih’, und schon ist es, wollen’s viele, mit dem Frieden schnell vorbei.
Nimm den Platz ein, dir beschieden. Lass die andern, wie sie sind. Jedes Schäflein will sich freuen. Sind doch alle Gottes Kind.
© C.W.
EIN GEDICHT
Ein Gedicht wird zum Gedicht, wenn darin die Seele spricht. Fehlt das Herz und das Gefühl, wirken Worte fade, kühl.
Leser spüren es sehr schnell, wenn die Liebe ist zur Stell’. Wenn das Menschliche mitschwingt. Dann erst das Gedicht gelingt.
© C.W.
WEINREBEN
Während ich am Fenster sitze, ein Glas Wein in meiner Hand sehe ich den Rebstock draußen, und mein Blick schweift übers Land.
Winzig klein sind noch die Reben. Wenn es gut geht, wird es Wein. Doch viel Mühe ist vonnöten.
Macht er sich nicht von allein. Deshalb trinke ich bedächtig Jeden Schluck und denk daran, wie aus diesen kleinen Küglein guter Wein entstehen kann.
© C.W.
JUNI
DER ROSENBOGEN
Gleich der Traube hängen sie an dem Rosenbogen. Gehe gerne mittendurch. Das ist nicht gelogen.
Rieche dankbar Rosenduft. Sage ihr ins Ohr: Bist die Rosenkönigin. Öffnest Herzens Tor.
Denke dabei an das Lied: Rosen soll es regnen. Doch viel lieber ist es mir, Eingang still zu segnen.
© C.W.
JEDER
Vieles geht im Leben schief. Mach dir nichts daraus. Jeder hat einmal ein Tief. Betrifft jedes Haus.
Weiß, dass niemand wird verschont. Mancher zeigt es nicht. Aufregung sich selten lohnt. Hauptsach’ man sieht Licht
Nach dem Dunkel, Herzensqual, Freude kehrt zurück. Spürst nach langer Wanderschaft Einen Hauch von Glück.
© C.W.
ALLEIN ?
Bist du heute auch allein? Ja, das kann passieren. Komm, wir watscheln jetzt zu zweit. Brauchst dich nicht genieren.
Kehren bei dem Bäcker ein. Kaufen frisches Brot. Setzen uns auf eine Bank. Haben keine Not.
Sonne wärmt uns, das tut gut. Auch dem Federkleid. Danach gehst du deinen Weg. Meiner ist nicht weit.
Laufe an dem Fluss entlang. Du schwimmst neben mir. Die Begleitung angenehm, und ich danke dir.
© C.W.
MAI
DAS TANZENDE TULPENMÄDCHEN
In der Früh zog sie schon ihr Tanzkleid an. Ja, heute wollte sie tanzen. Doch wer schaute ihr zu?
Im Garten meiner Träume
Im Garten meiner Träume, zieh ich tief ein den Duft. Maiglöckchen sind am Blühen. So manche Arbeit ruft.
Die Dahlien in die Erde. Auch Bohnen wollen blühn. Tomaten will ich ernten. Manch Pflanze größer ziehn.
Dem Wachsen zuzusehen, macht jeden Tag mir Spaß. Dem Himmel stets zu danken, wenn er erfrischt durch Nass.
© C.W.
APRIL
MEIN HEIMBESUCH
Oft sammle ich das ganze Jahr hindurch Dinge, die mir nützlich für meinen Heimbesuch in Gmunden erscheinen. Dieser Besuch gehört schon seit Jahren zu meinem Urlaubsaufenthalt dazu. Einige kennen schon meinen Vornamen und rufen von weitem, wenn sie mich sehen. Darüber freue ich mich natürlich. Selbst genähte Stofftaschen sind begehrt, denn damit kann man viel anfangen. Sie eignen sich zum Verstauen von diversen Vorräten, deren Aufzählen langweilig wäre. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Stofftiere sind auch sehr beliebt. Eine ganze Tasche voll kam zusammen. Interessant ist, was die Frauen sich aussuchen. Was ich als hässlich ansehe, ruft bei einigen ein lautes Entzücken hervor. Und so ist die Tasche ganz schnell leer. Eine junge Frau drückt den kleinen Teddy ganz fest an ihr Herz und lässt mich wissen, dass er ab heute immer beim Einschlafen an ihrer Seite liegt. Auch Tücher aus Seide oder bügelfreiem Material sind der Renner. Hauptsache, sie sind bunt. Manche legen sie dekorativ auf ihre Schultern, andere wieder verwenden sie als Kopftuch, und der Anblick, der mich sehr an früher erinnert, entlockt mir ein herzliches Lächeln. Wolle ist ebenso ein begehrtes Mitbringsel. Viele Frauen vertreiben sich mit Stricken die Zeit. So entstehen Schals, Socken, und so manches Stofftier bekommt einen Pullover und eine Hose. Man will sein Lieblingstier doch nicht frieren lassen. Beglückt verlasse ich das Heim und frage mich, wer eigentlich der Beschenkte war…
© C.W.
BLAUER ZWEIGELT
Am letzten Abend gibt’s nen Wein. Wie sollte das auch anders sein? Hab’ jedes Wetter hier erlebt, auch Sonne, die die Stimmung hebt.
Am Ostersonntag war’s ein Traum. Schnee auf und unter jedem Baum. Die Kinder hatten Riesenspaß Am Schneemann mit Karottennas.
Das fiel mir all beim Trinken ein Beim BLAUEN ZWEIGELT, rotem Wein. Sah noch einmal hinaus zum See. Der Wein verscheuchte mir das Weh.
© C.W.
MENSCH BRAUCHT MENSCH
Sie plaudern über dies und das Und jeden Tag auf’s neu. Sie sitzen gerne im Café. Auch ich mich drüber freu.
Der Kaffee schmeckt mir supergut, so mitten im Gewühl. Er sagt mir: „Du gehörst dazu“, und gibt mir das Gefühl,
bist nicht allein, ein Teil davon von diesem Menschenreigen. Ich blicke auf zum Himmelszelt. Will Dankbarkeit IHM zeigen.
© C.W.
LIEBESTRÄUME UNTER PALMEN
Träume von der jungen Liebe. Unter Palmen, Sonnenschein. Schöner als die Wirklichkeit Zaubere ich Träumerein.
Wind, er streichelt meine Haare, Sonne kitzelt mir mein Ohr. Angenehm schmeichelt die Stimme, ruft Erinnerung hervor.
Glück ist meist ein Augenblick. Wohl dem, der bewahren kann tief im Herzen diesen Schatz. Gelegentlich es spüren kann.
© C.W.
DAS HERZ AUF DER BANK
Alt ist das Herz, alt auch die Bank. Erinnerung ist jung. Wenn ich das schöne Herzlein seh, bekommt es wieder Schwung.
Macht einen Hüpfer, jauchzt und singt Von Liebe, heißem Kuss. Das zu erleben: wunderbar. Für jeden ist’s ein Muss.
Zu schnell verfliegt die Jugendzeit, verfliegt die Leichtigkeit. Doch dieses Herz, geschnitzt voll Lieb’ Bewahrt in Ewigkeit.
© C.W.
MÄRZ
AUFGEWÜHLT
Aufgewühlt die ganze Welt. Kaum ein Mensch, der in sich ruht. Alles etwas langsamer täte manchen Menschen gut.
Doch stattdessen noch mehr Tempo. Finde so viel übertrieben. Wo ist die Gemütlichkeit Und Beschaulichkeit geblieben?
Wozu diese Steigerung? Höher, weiter, schneller springen. Sag Dir: ES LÄUFT NICHTS DAVON. Dann wird dir mehr Ruh’ gelingen.
© C.W.
NOCH EINMAL….
Noch einmal will ich mich verlieben. Weiß nur noch nicht in was und wen. Das Frühjahr treibt so seine Blüten. Will nicht allein im Regen stehn.
Mitlaufen will ich in der Menge. Es muss nicht in der Mitte sein. Mir reicht es schon am Rande gehen. Doch wichtig ist, nicht ganz allein.
Der Mensch, der ist ein Herdentier. Sucht seinesgleichen, um zu lieben. So vielem sagt man Änd’rung nach. Der Wunsch nach Liebe ist geblieben.
© C.W.
FEBRUAR
DIE ROTEN SCHUHE
Rote Schuhe ziehen meine Blicke heute noch an, wenn ich die Schaufenster eines Schuhgeschäftes betrachte. „Oh, wie schön“, geht es mir dann durch den Kopf. Erinnerungen werden wach. Ich war vielleicht 12 Jahre alt. Da die Füße so schnell wuchsen, brauchte ich unbedingt neue Schuhe. Ich durfte sie mir selbst aussuchen, und so griff ich natürlich gleich nach den roten, schönen Lederschuhen, die ich in der Auslage gesehen hatte. Meine Tante, die mir die Schuhe kaufte, rollte etwas mit den Augen, aber sie sagte nichts. Vielleicht bereute sie in diesem Moment, ihre Großzügigkeit, mich selbst auswählen zu lassen. Ich trug sie täglich, ganz stolz und ohne Rücksicht, ob das Rot zum blauen oder grünen Rock passte. Hauptsache war, die Schuhe leuchteten an meinen Füßen. Der Verkäufer gab uns noch eine Tube rote Schuhcreme mit, und das war sehr praktisch. Oft stieß ich vorne die Farbe ab. Aber mit der passenden Schuhcreme war der Schaden schnell wieder behoben. Auch im Winter trug ich diese Schuhe. Ich hatte keine anderen. Es war ein paar Jahre nach dem Krieg, und es musste an allen Ecken gespart werden. Da ich im Wachstum war, drückten bald diese Schuhe. Sie wuchsen leider nicht mit, und meine große Zehe stieß oft vorne an. Doch sie war schlau. Sie hatte die Fähigkeit, sich etwas kleiner zu machen, in dem sie sich geschickt krümmte, und so konnte ich die roten Schuhe noch lange tragen. Sonntags zum Kirchenbesuch, täglich in die Schule, immer sahen sie gut aus. Durch meine intensive Pflege wurden sie einfach nicht älter. Was mit ihnen geschehen ist, weiß ich heute nicht mehr. Doch an die roten Schuhe denke ich noch sehr gerne zurück. So kam es, dass ich mir vor ein paar Jahren rote Schuhe kaufte. Da mein Fuß nun nicht mehr wächst, kann ich sie so lange tragen, bis sie nicht mehr zu reparieren sind. Sie stehen neben anderen Schuhen immer griffbereit, und ich ertappe mich sehr oft, dass ich nach ihnen greife. Sie verbinden mich, ohne es zu wissen, mit der Jugendzeit, und ich fühle mich gleich ein paar Jahre jünger…..
JAHRESMIX
Ein Jahresmix, von allem was, So nach und nach erlebt. Gesammelt eifrig Tag für Tag. Betrachtung, das belebt.
Ich sehe Menschen, die mir gut. Erfreuten mein Gemüt. Auch Blumen voller Farbenpracht, der Garten grünt und blüht. Doch auch Verwüstung blieb nicht aus. Der Hagel hat’s vollbracht. Nicht immer schien die Sonne mir. Nicht immer laut gelacht.
So manches wurde fest gehalten. Die highlights in dem Jahr. Auch Urlaubsbilder sind dabei. Ein Jahresmix es war.
© C.W.
VEILCHENBLAU
Veilchenblau sind deine Augen. Zum Verlieben schön. Habe es nicht glauben können, doch es ist geschehn.
Leuchteten an Sonnentagen Mir ganz tief ins Herz. Oh, wie war das Schweben schön. Flug ging himmelwärts.
© C.W.
JANUAR
IM NEUEN JAHR
Nehme mir nichts Neues vor. Weiß, dass ich die Alte bleibe. Dieser Brauch ist zwar sehr schön, wenn das Jahr geht heut’ nur Neige.
Die Erfahrung hat gelehrt, Vorsätze sind Schall und Rauch. Werde viel bewusster essen. Doch dann meldet sich der Bauch.
Sagt mir, was ihm heute schmeckt. Und ich greife ins Regal. Vorsatz hin und Vorsatz her.
Nein, er lässt mir keine Wahl. Deshalb habe ich erkannt, bringt nicht viel, dass man sich wehrt. Bin damit schon alt geworden. Stimme war nicht so verkehrt. © C.W.
POLENTA Ich blättere mal wieder im Buch der Erinnerungen, die weit in meine Kindheit reichen. Es war 1945. Vater brachte bei seiner Rückkehr aus dem Krieg eine Frau mit. Er hatte sie in einem Lazarett kennen gelernt. Sie arbeitete dort als Krankenschwester. Da unsere Mutter 1943 während des Krieges an einer Fehlgeburt verstarb und zwei kleine Mädchen zurück ließ, war er sicher froh, eine Frau und für uns eine Mutter gefunden zu haben. Oma konnte uns nicht alleine groß ziehen. Sie hat uns nur vorübergehend aufgenommen, und das war schon eine lange Zeit. Nach dem Krieg gab es kaum etwas zu essen. Die Bauern, die rings um die kleine Ortschaft auf ihren Gehöften wohnten, gaben nichts ab. Scheinbar hatten sie selbst auch nicht viel. Wie meine Eltern zu dem Sack Polenta kamen, weiß ich nicht mehr. Eins ist mir nur in Erinnerung, dass es jeden Tag diesen gelben, trockenen Brei gab. Ich saß lange vor dem Teller und betrachtete den grobkörnigen Brei und Mutter betrachtete mich. Sie warf mir einen ernsten Blick zu, den ich gar nicht mochte. Ihre blauen Augen blitzten, und das hieß nichts Gutes. Das hatte ich sehr schnell erkannt. Meine Schwester, die drei Jahre älter war, aß brav einen Löffel nach dem anderen. Ich tat ihr gleich, doch ich stopfte alles nur in den Mund. Meine Backen wurden immer dicker, herunter schlucken konnte ich den Brei jedoch nicht. Wenn ich mir das Bild vorstelle, wie ich aussah, muss ich heute lächeln. Doch mir war damals nicht zum Lachen zumute. Ich musste sitzen bleiben, während meine Schwester zum Spielen ins Freie durfte. Scheinbar konnte meine Mutter meinen Anblick nicht mehr ertragen. Nach einer geraumen Zeit hörte sie sagen: “Jetzt gehst du raus ins Treppenhaus und kommst erst wieder in die Küche, wenn deine Backen leer sind.“ Ich eilte hinaus, und da kam mir die rettende Idee. Ich holte den Brei, der sich links und rechts zu einem Knödel geformt hatte, aus dem Mund und versteckte diese Kugeln geschickt unter der Holztreppe, einen rechts, einen links…… Dann klopfte ich an die Küchentüre, und die Prozedur ging von neuem los. Beim dritten Mal war der Teller leer, und die Knödel waren jetzt gut aufgehoben. Dann durfte ich auch hinaus zum Spielen. Ich hatte wunderbare Helfer, die mich nicht verrieten. Der Polenta schmeckte ihnen scheinbar gut, denn er war am nächsten Tag verschwunden. Auf diese Art und Weise habe ich für arme, hungrige Tierchen gesorgt. Es war immer mein Geheimnis. Aber nach sechsundsechzig Jahren wird es Zeit, es zu lüften.
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