BIBI HENDI UND
GOCKELHAHN...
gingen auf der Wiese spazieren.
Es war endlich ein warmer Frühlingstag. Wie sehnten sich die
beiden, ins Freie zu gehen und auf der grünen, saftigen Wiese, die
auch schon mit einigen Frühlingsblumen überraschte, einfach die
frische Luft zu genießen.
Die Sonne wärmte ihre Federn, und Bibi Hendi
meinte, dies würde ihr besonders gut tun. Ihre Federn glänzten in
der Sonne. Sie bemerkte, dass die warmen Sonnenstrahlen ihr
Federkleid richtig hübsch machten. Sie fühlte sich so wohl, und
auch der Gockelhahn bewunderte seine Farbenpracht an sich. Ganz
stolz stelzte er einher. Er wollte von allen gesehen werden, so
hübsch wie er aussah.
Die beiden gackerten ununterbrochen. Sie
hatten sich so viel zu erzählen. "Schau mal, da," sagte Bibi Hendi.
"Hast du das gesehen?" fragte sie Gockelhahn. Es war ja auch so ein
herrlicher Tag, und sie hatten beide gute Laune.
Ihre Fröhlichkeit, vor allem ihr lautes
Gegackere, fiel den Nachbarhühnern auf. Sie wurden neugierig, und
im Nu waren noch mehrere Bibi Hendis um den Gockelhahn
versammelt.
Oh, wie fühlte er sich. Seine Brust schwoll
richtig an, und sein Gang wurde noch federnder. Er fühlte sich
richtig gut und unterhielt mit Witz und Ausgelassenheit seine
Begleiterinnen. Diese gackerten lebhaft mit und zeigten sich auch
von ihrer schönsten Seite, denn auch ihnen gefiel der Gockelhahn.
Sie merkten gar nicht, wie schnell die Zeit verging. Doch der
Hunger, der sich einstellte, erinnerte sie, auch mal nach etwas
Essbarem Ausschau zu halten.
Bibi Hendi fand den ersten dicken Wurm. Am
liebsten hätte sie ihn alleine verspeist. Aber so was, kann man
doch nicht machen.
Mit allen anderen wollte sie ihn aber auch
nicht teilen. So bot sie Gockelhahn die Hälfte an, der mit einem
gefälligen Kopfnicken seinen Teil herunterschluckte und sich bei
ihr mit einem Augenzwinkern bedankte.
Bibi Hendi freute sich über die liebe Geste
und suchte angestrengt weiter. Sie wollte diejenige sein, die für
ihn sorgt. Die anderen sollten es nicht tun.
Aber auch der Gockelhahn fand einen großen
Schatz. Auf der Wiese lag ein ganzes Brötchen. Er glaubte, erst zu
träumen. Mit seinem Schnabel hackte er hinein, um festzustellen, ob
es wirklich was Essbares ist. Seine Freude war übergroß.
Jetzt konnte er alle seine Damen zum Essen
einladen.
Das wurde vielleicht ein lustiger Nachmittag.
Sie pickten und pickten. Jede wurde satt, und außerdem machte das
gemeinsame Mahl viel mehr Spaß als das
Alleine-Essen.
Der Nachmittag verging wie im Fluge. An dem
Sonnenstand konnten sie erkennen, dass der Abend nicht mehr weit
war.
Jetzt mussten sie aber nach Hause, denn Bibi
Hendi und Gockelhahn sind Frühschläfer. Dafür stehen sie aber auch
morgens sehr früh auf.
VORFREUDE
AUF
OSTERN
Bibi Hendi legt fleißig Eier. Gockelhahn
bewundert sie immer, wie sie das macht. Er weiß, dass die frischen
Eier von ihr bei den Osterhasen sehr gefragt sind.
Jeden Morgen kommt der Hasenmann mit dem Korb
auf dem Rücken bei ihnen vorbei und fragt höflich, ob er heute mal
wieder eines bekommen kann.
Der gutgelaunte Hasenmann strahlt über das
ganze, liebe Hasengesicht, und da kann Bibi Hendi natürlich nicht
nein sagen. Der Hasenmann will nichts geschenkt haben. Unterwegs
überlegt er jedesmal, was er dem Bibi Hendi mitbringen kann. Mal
findet er einen saftigen Löwenzahn, dann auch ein paar
Körner.
Meistens hebt er sogar von seinem Essen etwas
auf, was ihm besonders gut schmeckt. Da ist er sich ganz sicher,
dass es auch dem Bibi Hendi mundet. So hat sich im Laufe der Jahre
eine richtige Freundschaft entwickelt zwischen dem Hasenmann und
dem Bibi Hendi.
Neuigkeiten weiß der Hasenmann mehr als genug.
Er kommt durch seine Schnelligkeit überall herum. Manchmal lauscht
er unbemerkt bei anderen Familien, weiß, wo es wieder Zuwachs gibt,
aber auch traurige Sachen sind manchmal dabei.
Er erzählt von seiner Familie, schildert, wie
die Hasenmama von früh bis spät mit dem Eierbemalen zu tun hat,
dass sie dadurch kaum mehr Zeit für ihn hat und er froh darüber
ist, wenn die Osterzeit beendet ist.
Auf seine Kinderchen ist der Hasenmann
besonders stolz. "Wenn sie etwas größer sind, momentan ist es noch
für sie zu gefährlich, bringe ich sie mal bei Euch vorbei",
verspricht er Bibi Hendi und Gockelhahn. "Wieviel hast du
denn?" fragt Bibi Hendi.
"Sechs süße, weiß-braune Hasenbabys hat mir
dieses Frühjahr Hasenmama geboren", ich bin so stolz auf sie, und
jedes einzelne schaut anders aus.
Zum Anbeißen sind sie. Ach, ich komme ganz ins
Schwärmen. Wenn ich nach Hause komme, muss ich mich gleich um sie
kümmern, ihr wisst ja, die Mama hat augenblicklich so wenig Zeit
für sie".
Bibi Hendi bekam ganz feuchte Augen, denn sie
fühlte die Liebe, die der Hasenmann seinen Kindern entgegen
brachte. Diese Gefühle kennt sie auch, und deswegen ist ihr der
Hasenmann auch so sympathisch.
Eine kurze Verabschiedung, dann sprang der
Hasenmann mit riesigen Sprüngen davon. Bibi Hendi sah ihm noch nach
und hatte Angst um die Eier im Korb. Ob die wohl heil zur Hasenmama
kommen?
RENOVIERUNG DES
HÜHNERHAUSES
Bibi Hendi und Gockelhahn sind aufgeschlossen
für Neues. Als sie es erfuhren, dass das Hühnerhaus renoviert
werden soll, waren sie beide aufgeregt. "Wo sollen wir denn nur
abends schlafen?" war die besorgte Frage von Bibi Hendi.
"Ach, mache dir keine Sorgen", antwortete der Gockelhahn. "Wenn die
Arbeiten noch nicht fertig sind, schlafen wir eben mal im Freien.
Ich weiß auch schon, wo.
Nur keine Angst. Ich halte dich ganz warm.
Kuschle dich nur unter meine großen Flügel, dann wirst du nicht
frieren."
Das Gesagte beruhigte Bibi Hendi, und sie sah
ihn dankbar an.
Doch in Wirklichkeit hatte auch der Gockelhahn
seine Bedenken.
Er wollte sie eben nur besänftigen. Sie sollte
sich nicht unnötig ängstigen.
Tagsüber äugte er ständig ins Hühnerhaus, um
zu sehen, ob die Renovierung zügig vor sich ging.
Da wurde die alte Leiter entfernt, das alte
Stroh herausgekehrt, dann kam der Wasserschlauch, der alles
reinigte. Die Wände wurden weiß gekalkt. Es sah wirklich sauber
aus. Zum Schluss kam neues, wohlriechendes Stroh und zartes Heu
hinein.
"Das wird bestimmt mein Lieblingsplatz",
dachte er bei sich, als er den hohen Heuhaufen erspähte. Aber er
freute sich zu früh. Das Heu wurde in die verschiedenen Nester
verteilt und für ihn blieb nicht mehr viel übrig.
Zwischendurch berichtete er Bibi Hendi über
das neue Hühnerhaus.
Sie war sehr aufgeregt und wollte es erst
sehen, wenn es wirklich fertig ist.
Und es wurde bis Abend bezugsfertig. Zwar war
es schon fast dunkel, also schon längst die Bettgehzeit
überschritten.
Doch die Freude über das neue Quartier ließ
sie nicht vorzeitig einschlafen.
Bibi Hendi wartete geduldig in der Scheune auf
das Zeichen Ihres Gockelhahns. Durch einen kurzen Ruf seinerseits
wollte er ihr Bescheid geben, wann das Haus endgültig zu beziehen
sei.
Bibi Hendi spitzte ihre Öhrchen, um ja nicht
sein "Kikeriki" zu überhören.
Dann aber - beim ersten "Kiek" rannte sie
schon los. Halb flog sie.
Sie hatte Last, abzubremsen, so aufgeregt und
neugierig war sie.
Der Duft sprang ihr in die Nase. "Wie
herrlich", rief sie aus, als sie das wohlriechende, saubere Nest
inspizierte. Sie scharrte ein wenig darin herum, denn sie wollte
feststellen, ob auch genügend Heu für eine längere Zeit vorhanden
sei.
Gockelhahn ging stolz mit erhobenem Haupt die
neue Leiter hoch und schaute sich auch die Nester an. In einem saß
ganz süß sein geliebtes Bibi Hendi und sah so zufrieden und
glücklich aus.
Ein Auge hatte sie schon geschlossen. Sie war
ja auch so müde ---
aber wohlig müde und zufrieden, und ganz
schnell schlummerte sie ein.
AUSFLUG ZUM
ENTENTEICH
Der Gockelhahn ist immer unternehmungslustig.
Ihm reicht es oft nicht aus, nur im eigenen Revier herum zu
stolzieren.
"Kommst du mit mir zum Ententeich?" fragte er
Bibi Hendi.
Sie schaute ein wenig unschlüssig zu ihm
herüber und überlegte.
"Es ist nicht weit, höchstens eine halbe
Stunde, wenn wir gemütlich gehen." "Na, gut", sagte Bibi
Hendi, die sich eigentlich auf einen faulen Nachmittag eingestellt
hatte.
Sie bringt es so schwer fertig, ihm einen
Wunsch abzuschlagen, und deshalb willigt sie öfter ein, als es ihr
lieb ist.
"Du musst mir aber versprechen, nicht so zu
rennen", sagte sie noch beiläufig, aber das hörte Gockelhahn gar
nicht mehr.
Er war in Gedanken schon weit
weg.
"Meinst du denn, dass sich die Enten freuen,
wenn wir kommen?" fragte Bibi Hendi. "Na, klar, die freuen sich
doch über jeden Besuch", krähte der Hahn vor sich
hin.
So zogen sie gemeinsam los. Es war heiß, und
Bibi Hendi legte oft eine Rast ein. Sie war heute nicht gut zu Fuß.
Das merkte sehr schnell der Gockelhahn und ging ihr zuliebe sehr
langsam.
Unterwegs unterhielt er sie am laufenden Band.
So merkte Bibi Hendi gar nicht, wie die Zeit
verging.
Im Nu waren sie am Ziel. Man h�rte von weitem
schon das Geschnatter der vielen Teichbewohner.
"Meinst du wirklich, dass wir willkommen
sind?" Bibi Hendi meldete nochmals ihre Bedenken
an.
Schon wurde sie vom Enterich erspäht und
dieser begrüßte sie mit einem lauten Entengruß. Auch sein Frauchen
kam sofort angeschwommen und zeigte ihre Zuneigung, indem sie mit
ihrem kurzen Schwänzchen hin und her wippte.
Gockelhahn und Bibi Hendi waren durstig von
der weiten Tour. Oh, wie schmeckte das Teichwasser. Sie genossen
es, die beiden. Immer ein Schlückchen, dann das Köpfchen zuück, und
noch einmal und noch einmal......
Es schmeckte ihnen hier besser als ihr Wasser
aus der Leitung.
Es war ja auch Entenwasser.
Der Enterich führte im Wasser seine
Kunststücke vor. Er tauchte, er schwamm, er pustete und plusterte
sich auf. Es war eine Wonne, ihm zuzuschauen. Bibi Hendi lachte und
dachte dabei an ihren Gockelhahn. Dieses Gehabe war ihr auch von
ihm bekannt.
Er wollte bewundert werden, und Bibi Hendi
sparte nicht mit anerkennenden Worten.
Sie wurden am Nachmittag zum Mais-Essen
eingeladen. Es waren große Maiskörner, und Bibi Hendi und
Gockelhahn hatten einige Schwierigkeiten, sie herunter zu
schlucken. Aber zwischendurch tranken sie immer wieder von dem
köstlichen Teichwasser. Die beiden Paare verstanden sich
ausgezeichnet. Meist unterhielten sich die Männer untereinander.
Die Damen waren etwas abseits und hatten sich auch viel zu
erzählen.
Dann wurde der Heimweg angetreten. Sie hatten
Last, noch vor dem Dunkelwerden nach Hause zu kommen. Es war schon
sehr anstrengend, und Bibi Hendi taten ganz schön die Füße weh. Sie
sagte aber nichts, denn sie wusste, dass am nächsten Morgen alles
wieder in Ordnung ist.
EINE KATZE KOMMT AUF DEN
HÜHNERHOF
Welch eine Aufregung gab es
heute. Beim Frühspaziergang auf dem Hof traf Bibi Hendi ein
kleines, kuscheliges, drolliges Etwas, das wild umher sprang,
miaute und ein Fell hatte, wie ihre Hasenfreunde.
Beide hielten Abstand voneinander, sie kannten
sich nicht. Sie schauten sich zwar lange in die Augen, aber
vorsichtig zu sein, ist besser.
Damit ist Bibi Hendi in ihrem Leben immer gut
gefahren.
Sie erzählte es gleich ihrem Gockelhahn, der
es erst gar nicht glauben konnte. Er beäugte auch mal die Lage und
wollte vor allen Dingen in Erfahrung bringen, ob sich das Kätzlein
nur verirrt hatte oder ein neuer Mitbewohner ist.
Und so war es dann auch. Jeden Morgen, wenn
Gockelhahn den Tag mit seinem lauten "Kikeriki" ankündigte, war
auch das niedliche, kleine Kätzlein in der Nähe, fürchtete sich
aber ein wenig vor dem lauten Gekrähe. Sie sagte nur ganz leise:
"Miau, Miau."
Das verstand Gockelhahn nicht und fragte sie
eines Morgens doch nach ihrem Namen. Schließlich empfand er es als
peinlich, sie immer nur stumm anzusehen. "Lissy, heiße ich", sagte
sie freundlich und kam ein paar Schritte näher. Gockelhahn gefielen
ihre süßen, grünen Augen, und ihr zartes Stimmchen machte sie
sympathisch.
Nun konnte er seiner Familie berichten, dass
sie keine Angst vor diesem kleinen, wilden Kätzchen haben müssen.
Er hätte alles mit ihr besprochen und sie sehr lieb gebeten, seine
kleinen Küken nicht zu erschrecken.
Das Kätzlein hatte volles Verständnis und
freute sich, dass nun das Eis gebrochen war. So hatte sie
wenigstens jeden Tag die Möglichkeit, ein kleines Schwätzchen zu
halten, und der Gockelhahn, der immer vor Bibi Hendi aufsteht,
freute sich auf das morgendliche Gespräch mit
ihr.
So wusste er am Frühstückstisch viel
Neuigkeiten, die er von Lissy erfahren hatte, denn sie war in
vielen Nachbargrundstücken zu Hause. Für sie war es einfach, über
den Zaun zu springen. Bei Gefahr kletterte sie hoch auf die Bäume
oder versteckte sich blitzschnell hinter einem Busch. Es waren oft
aufregende Dinge, die sie erzählte, von einem Hund, der besonders
böse ist. Sie warnte den Gockelhahn vor ihm. Er müsse es unbedingt
auch seiner Frau und den Kindern sagen. Sie selbst sei nur mit
knapper Not dem gefährlichen Monster entflohen. "Ich glaube, der
hätte mich zerbissen, wenn er mich erwischt hätte", erzählte sie
Gockelhahn.
"Da werde ich in Zukunft nicht mehr hingehen,
obwohl mir dieser Garten besonders gefällt". "Recht hast du", sagte
Gockelhahn und meinte es ehrlich, denn er wollte die Freundschaft
und das Vertrauen der Katze Lissy behalten. Außerdem fand er es gut
für seine gesamte Familie, eine so nette Mitbewohnerin zu
haben.
EINE MAUS ZIEHT INS HÜHNERHAUS
EIN.
Am Tage waren Bibi Hendi und Gockelhahn mit
ihren Kindern im Hof.
Es war sonnig, und das tat den Kleinen
besonders gut. Sie hatten solche Freude am Herumlaufen und
Erforschen. Die Eltern konnten sie keine Sekunde aus den
Augen lassen. Ständig rannte Bibi Hendi hinter einem Küken her, und
auch Gockelhahn kam nicht einmal zum Würmersuchen.
"Man müsste vorne und hinten Augen haben",
erklärte er seiner Frau.
"Ja, mit der Ruhe ist es endgültig vorbei",
war ihr kurzer Kommentar.
Die Kleinen wurden aber auch gar nicht müde.
Sie kicherten und kletterten überall hoch, scharrten im Sand und
freuten sich über das Loch in der Erde. Dort legten sie sich
abwechselnd hinein und Mama Bibi Hendi zeigte ihnen, wie man das
Federkleid wieder säubert.
Abends fielen nicht nur die Kleinen todmüde
ins Nest--- auch die Eltern waren sehr, sehr müde und hatten nicht
mehr die Kraft, alles Erlebte zu besprechen, wie sie es früher
immer taten.
Plötzlich piepste es ganz leise. Bibi Hendi
blinzelte mit einem Auge in die Richtung, aus der das Piepsen kam.
Sie konnte aber nichts sehen. Dann piepste es etwas
lauter.
"Hast du auch was gehört?", fragte sie
Gockelhahn. Der aber schlief fest, und sie wollte ihn nicht
wecken.
So kletterte sie die Hühnerleiter herunter und
sah in die Ecke, aus der das Geräusch kam.
Oh, welch ein Schreck für Bibi
Hendi.
Da saß eine kleine Maus. Sie zitterte am
ganzen Körper. Wahrscheinlich hatte sie Angst.
"Wie kommst du denn da hinein?", fragte Bibi
Hendi das verängstigte, kleine Mäuschen.
"Eure Tür stand offen, und ich hatte solchen
Hunger. Da bin ich an euer Schüsselchen gegangen, und entschuldige,
es hat mir so geschmeckt. Sei mir bitte nicht böse. Hast du etwas
dagegen, wenn ich bei euch schlafe? Ich finde es so gemütlich hier,
und ich versichere dir, dass ich euch nicht stören werde. Deine
Kleinen werden sich sicher über mich freuen, denn ich bin eine
lustige Maus, und außerdem kann ich auch einmal auf die Kleinen
aufpassen, damit du ein wenig ausruhen kannst."
Bibi Hendi hörte sich das alles in Ruhe an.
Warum eigentlich nicht?, dachte sie bei sich. Die Maus ist so
niedlich. Vor ihr braucht man sich nicht zu fürchten, und außerdem
gefiel ihr der Vorschlag mit dem Aufpassen.
"Wenn mein Mann nichts dagegen hat", sagte
sie, "kannst du bei uns wohnen. Warte bis morgen, er schläft heute
schon. Dann klären wir alles Weitere".
Das Mäuschen war dankbar und sah Bibi Hendi
mit den runden, braunen Augen an. "Also, gute Nacht", kleine Maus,
bis morgen.
Als Bibi Hendi in der Fr�h wach wurde, war
Gockelhahn schon drau�en und verk�ndete den neuen Tag. Das M�uslein
hatte sich bereits bei ihm vorgestellt und nochmals alles
wiederholt, was sie mit Bibi Hendi am Abend besprach. Der
Gockelhahn hatte nichts dagegen, warum
auch.
So wohnte im H�hnerhaus ein Bewohner mehr, der
besonders den Kleinen viel Spaß bereitete. Das Mäuschen wusste
immer neue Verstecke und die Küken mussten es suchen. Das war
lustig. Sie konnten gar nicht genug vom Versteckspielen bekommen.
So waren sie mit der Maus beschäftigt, und die Eltern konnten in
Ruhe einen Rundgang auf dem Hofe machen.
Früh machte Bibi Hendi den Vorschlag, einen
Ausflug zum Nachbar-Hühnerhof zu unternehmen. Das Wetter war
herrlich, und sie wollte unbedingt ihre Schwester besuchen. Die
Kleinen waren mittlerweile schon so weit, dass man sie mitnehmen
konnte.
Oh, waren sie aufgeregt, als sie von Mamas
Plan hörten, denn Bibi Hendi schlug vor, dort zu übernachten, damit
es nicht zu anstrengend für die Kleinen wird.
"Da könnt ihr mal sehen, wie und wo die
anderen Verwandten wohnen", sagte Mama Bibi Hendi. "Wir kürzen ab",
meinte der Gockelhahn. "Wenn wir durch den Gemüsegarten gehen, ist
es halb so weit." Alle waren mit dem Vorschlag
einverstanden.
Die Kleinen waren sehr aufgeregt. Vor allen
Dingen reizte sie der Vorschlag, dort zu übernachten. Das war für
sie was ganz Neues.
Im Gemüsegarten gefiel es ihnen besonders.
Gockelhahn holte einen Wurm nach dem anderen aus der schwarzen
Erde, und die Kleinen fraßen sich rund und dick. Auch die
Salatblätter schmeckten zwischendurch herrlich. Solche Delikatessen
gab es nicht alle Tage.
"Wir dürfen uns nur nicht erwischen lassen",
meinte Bibi Hendi.
Das wollen die Menschen nicht, dass wir hier
durchgehen. Also duckt euch ein wenig und beeilt euch", warnte sie
ihre Kinder.
Plötzlich hörten sie das Bellen eines Hundes.
Sie erschraken fürchterlich, und Gockelhahn und Bibi Hendi waren
gleich bei ihnen.
Er warnte sie vor dem Hund. Er erzählte ihnen,
welch schlechte Erfahrung er mit so einem Tier gemacht hatte.
Dieser jagte ihn so sehr, dass er sich das eine Bein verstauchte.
Lange hinkte er, bis es wieder gut wurde.
"Seitdem passe ich auf und komme nicht in
Hundenähe", berichtete er seinen Kleinen, und Mama Bibi Hendi
nickte immerfort mit dem Kopf.
"Da sind Katzen lange nicht so gefährlich",
sagte Mama Bibi Hendi.
"Zwar können sie einem fürchterlich
erschrecken, denn mit ihren Samtpfoten hört man sie nicht, und
plötzlich stehen sie vor einem.
Sie sind auch sehr neugierig, schnuppern
überall herum.
Sogar in unserem Hühnerhaus klettern sie
herum, wenn wir die Tür offen lassen. Sie sind sehr hübsch, aber
sie haben gefährliche Krallen. Uns tun sie nichts, aber das
Mäuslein muss sehr aufpassen.
Die Katze würde es jagen und jagen, und dann
wäre es um das Mäuslein geschehen."
Die Kleinen hörten andächtig zu. Sie waren
vorsichtig geworden und blieben in der Nähe der Eltern. Ganz artig
liefen sie neben ihnen her. Es hatte sie alles tief
beeindruckt.
"Sie können aber nicht fliegen wie wir",
meinte ein Junges. "Nein, das nicht, aber sie können trotzdem auf
Bäume klettern, wenn sie ein Hund jagt", sagte der erfahrene
Gockelhahn.
Durch das Gespräch verging die Zeit so
schnell, und plötzlich waren sie am Ziel angelangt.
Das war eine Begrüßung. Das Gegackere wollte
gar nicht aufhören.
Bibi Hendi hatte so viel mit ihrer Schwester
zu erzählen. Es wurde schon dunkel. Satt und müde waren die Kleinen
und wollten nur noch schlafen. Bibi Hendi merkte das und setzte
sich in ein besonders großes Nest. Dann breitete sie ihre Flügel
aus, und im Nu waren je zwei auf einer Seite neben ihr. Dann
schloss sie die Flügel ganz sanft, und man hörte keinen Laut mehr
von den Kleinen.
Gockelhahn sah etwas neidisch zu ihr herüber.
Er war ein wenig enttäuscht darüber, dass die Kleinen alle zu ihr
gingen. Bibi Hendi verstand seinen Blick und sprach ihm gut zu und
lobte ihn ganz laut bei ihrer Schwester, was ihm sehr, sehr gut
tat.
AUSFLUG IN DIE
BERGE
Lange war dieser Ausflug schon geplant, aber
immer wieder wurde er verschoben.
Jedesmal kam etwas dazwischen. Mal hatte sich
Bibi Hendi beim Nachlaufen ihrer Kleinen den linken Fuß verstaucht,
dann passte das Wetter nicht, und oft waren wichtige Dinge zu
erledigen.
So hatten sie die Tour auf den Herbst
verlegt.
Die Küken waren in der Zwischenzeit schon
fähig, so eine Bergtour durchzuhalten. Sie waren
quicklebendig und konnten mittlerweile flinker laufen als die
Eltern.
"Noch mal so jung müsste man sein",
sagte Gockelhahn oft vor sich hin. Er spürte immer öfter
seine Gelenke, ließ es sich jedoch nicht anmerken, dass sich so
nach und nach einige Altersbeschwerden einstellten.
Er wollte vor Bibi Hendi noch als jung und
vital gelten, und deshalb stellte er öfters stolz seinen Hahnenkamm
in die Höhe. Das war ein Signal für sie. Daran erkannte sie seine
Stärke, und die Kleinen hatten tollen Respekt vor ihm, denn so sah
er groß und imponierend aus.
Früh, er war immer der Erste der aufstand,
packte er den Rucksack.
Man musste ja für den aufkommenden Hunger
genug dabei haben, und er wusste, wieviel die Kleinen schlucken
konnten. Außerdem packte er Heftpflaster und Bandagen dazu. Für
alle Fälle, dachte er.
Auch Bibi Hendi schlief in der Nacht unruhig.
Sie hatte schon etwas Bedenken, die Kleinen
betreffend.
"Wenn wir sie nur heil wieder nach Hause
bringen", dachte sie laut und Gockelhahn hörte es
sofort.
Er kannte sein Bibi Hendi und deren
Ängste.
"Na, du hast doch mich dabei", meinte er, und
das beruhigte sie sehr. Nur allein, dass er das
sagte.
So ermahnte sie die Kleinen noch zum Gehorsam,
die aber wollten nicht mehr so recht zuhören, und dann ging
es los.
Es war noch fast dunkel, als sie loszogen.
Bibi Hendi flüsterte, und auch die Küken mussten leise sein. Sie
nahm Rücksicht auf die noch schlafenden Mitbewohner.
Nachdem sie das Dorf hinter sich gelassen
hatten, durften sie so laut sie wollten gackern, und Gockelhahn
ließ voller Freude - er war trotz seines Alters noch recht
ausgelassen - ein paarmal sein lautes "Kikeriki"
hören.
Dann begann der mühsame Aufstieg. Da verging
ihm das Krähen, denn die Puste brauchte er nun für was
Anderes.
Die Kleinen kletterten artig neben den Eltern
bergan. Sie beobachteten jeden Schritt. Schließlich wurde ihnen
ganz mulmig, als sie in die Tiefe schauten.
Gockelhahn zeigte ihnen unten das Dorf
mit ihrem Zuhause. Sie waren sehr beeindruckt.
Die Rast bereitete allen Spaß. Gockelhahn
schwitzte kräftig und war froh, endlich seinen Rucksack abzunehmen.
Die mitgebrachten Körner schmeckten allen besser als daheim. Das
lag aber nicht an den Körnern, sondern am Hunger, der sich durch
die Anstrengung verstärkt einstellte.
Gockelhahn hatte für jedes Familienmitglied
noch eineÜberraschung mitgebracht. Er sammelte am Vortag im
Gemüsegarten eifrig ein paar Regenwürmer, legte diese in einen
Eimer mit Erde, um sie frisch zu halten, und erfreute mit den
saftigen Leckerbissen seine Lieben.
Wie leuchteten da dieÄuglein der Kleinen als
sie die zappeligen Würmer erblickten. Mama Bibi Hendi lobte ihren
treusorgenden Mann mit lauter Stimme und gab ihm einen süßen
Schnabelkuss.
Nach einem kleinen Nickerchen ging es noch ein
Stück bergauf.
Die Aussicht war herrlich. Bibi Hendi und
Gockelhahn waren stolz auf ihre vier Kinder. Sie sahen aber auch
allerliebst aus in ihrem bunten Federkleid. Es waren nur Mädchen,
und Gockelhahn wünschte sich das nächste Mal im geheimen von seinem
Bibi Hendi ein männliches Wesen. Ganz bestimmt klappt es im
nächsten Frühjahr, dachte er bei sich.
Der Abstieg verlief ohne Zwischenfälle. Sie
waren im Nu unten, denn ab und zu gebrauchten sie ihre Flügel. Mit
diesen ging es so herrlich bergab. Sie hopsten von Stein zu Stein
und lachten vor Vergnügen.
Abends erzählten sie noch lange, in ihren
Nestern liegend, vor dem Einschlafen. Gockelhahn und Bibi Hendi
schliefen vor Erschöpfung diesmal eher ein als ihre Kleinen. Sie
sahen beide glücklich und zufrieden aus.
BIBI HENDI FÜHLT SICH
KRANK
Früh wollte Mama Bibi Hendi nicht aus dem
Nest. Gockelhahn wunderte sich darüber, denn das kannte er an ihr
nicht. Sie stand immer gern auf und gackerte schon früh lustig
mit.
"Was hast du denn?" fragte er besorgt, und im
Nu war sie umringt von ihren Kindern.
"Ich fühle mich so elend und schwach",
antwortete sie. "Sicher habe ich mir gestern den Magen verdorben.
Die gekochten Kartoffel waren sicher schon schlecht, aber ich war
so gierig darauf."
"Dann gibt es nur eins", erwiderte der
besorgte Gockelhahn. "Ich gehe gleich früh zum Doktor und besorge
Dir ein Fläschchen Magentropfen. Die helfen immer. " Und schon war
er weg.
Die Kleinen blieben am Nest der Mutter sitzen
und machten besorgte Mienen. So hatten sie ihre Mama noch nicht
erlebt.
"Geht ruhig in den Hof und spielt", riet sie
ihren Kindern, denn sie wollte einfach ihre Ruhe
haben.
Als sie draußen waren, machte sie ein kurzes
Nickerchen, was ihr recht gut tat.
In der Zwischenzeit rannte Gockelhahn ins
nächste Dorf. Halb rannte er, halb flog er. Völlig erschöpft traf
er im Wartezimmer ein.
Dort saßen viele Kranke. Der eine hatte den
Husten, dem anderen lief die Nase. Ein Hühnchen lief mit einem
Gipsbein herum. Ein Hahn hatte einen lahmen Flügel, auch mit
verbundenem Auge saß eine Henne da.
Wie sollte er nur schnell dran
kommen?
Er überlegte scharf, grüßte alle freundlich,
und mit einem charmanten Lächeln erklärte er der Sprechstundenhilfe
die Dringlichkeit seines Besuches. Diese konnte ihm die Bitte,
sofort dran zu kommen, nicht abschlagen, denn er sah so besorgt
aus.
Nach kurzer Zeit kam sie mit den gewünschten
Magentropfen aus dem Sprechzimmer des Arztes.
Er bedankte sich vielmals, wünschte jedem der
Anwesenden Gesundheit und alles Gute, und mit einem herzlichen Gruß
verschwand er eilends.
Zu Hause angekommen, reichte er Bibi Hendi ein
paar Tropfen Medizin in Wasser verdünnt. Sie schüttelte sich beim
Hinunterschlucken der bitteren Medizin, aber ihre Augen sahen
dankbar zu Gockelhahn hinunter.
"Wenn ich dich nicht hätte", bemerkte sie nur
kurz. Zu mehr Worten war sie nicht mehr in der Lage, denn sofort
schlummerte sie wieder ein.
So verging der Tag. Sie hatte keinen Appetit
und nahm nur regelmäßig die Magentropfen. Papa Gockelhahn kümmerte
sich um die Kleinen. Er schickte sie etwas weiter weg vom
Hühnerhaus, damit Mama Bibi Hendi absolute Ruhe hatte, ja er dachte
an alles.
Die Katze vermisste als erste die Hühnermama
und erkundigte sich bei Gockelhahn. Dieser gab auch ihr den Rat,
mit dem Essen äußerst vorsichtig zu sein, er selbst habe auch schon
Magenbeschwerden gehabt und wisse, wie unangenehm das sei. Katze
Lissy hatte richtig Mitleid und sah ganz traurig aus mit ihren
großen, runden Katzenaugen. "Grüße sie lieb von mir, und ich
wünsche ihr gute Besserung", miaute sie, und Gockelhahn vergaß es
nicht, Bibi Hendi die guten Wünsche mitzuteilen.
Auch der nächste Tag verlief wie der
erste.
Am dritten Tag äußerte Bibi Hendi den Wunsch,
ein paar Haferflocken zu bekommen. Gockelhahn wusste sofort, wer
ihm das ausgefallene Fressen besorgen könnte. Er rannte im ganzen
Hof herum und suchte die Katze Lissy. Sie schlief noch süß unter
der alten Bank. Sie war zusammengerollt wie ein Igel und träumte
etwas Schönes, denn sie lächelte mit geschlossenen
Augen.
Gockelhahn weckte sie sanft und brachte seine
Bitte vor. Das war selbstverständlich, dass Katze Lissy auf ihr
Frühstück verzichtete.
Sie bekam jeden Morgen Haferflocken mit Milch.
So schleckte sie diesmal nur die Milch weg, und die
übriggebliebenen Haferflocken brachte sie zu Bibi
Hendi.
Nach dem Essen ging es der Henne wesentlich
besser. Wackelig und schwach stieg sie die Hühnerleiter herunter
und wankte auf den Hof.
Dort legte sie sich in eine Kuhle, die
Gockelhahn für sie frisch angefertigt hatte und freute sich, wieder
drau�en am Geschehen teilzunehmen.
An der frischen Luft erholte sie sich schnell,
und von Tag zu Tag ging es ihr besser.
DIE HASENFAMILIE KOMMT ZU
BESUCH
Der Hasenmann machte sein Versprechen, mal mit
seinen Kindern vorbei zu kommen, nun endlich wahr. Auch die
Hasenmama begleitete die Familie.
Sie hatte zwar noch genug Arbeit zu Hause,
aber irgendwann musste sie auch mal raus aus dem
Hasenhaus.
Die Freude war riesengroß, als Bibi Hendi die
süßen sechs Hasenkinder sah. Allerliebst sahen sie aus, geputzt,
gewaschen, einfach süß und niedlich.
Sie hopsten im Hühnerhaus herum und krochen in
alle Nester. Alles interessierte sie. Die Hasenmama versuchte sie,
zusammen zu halten, umsonst. Sie hörten gar nicht auf
sie.
Die Neugierde war so groß. Der Hasenmama war
das peinlich. Sie hätte nie gedacht, so unfolgsame Kinderchen zu
haben.
Ständig schaute sie nach allen Richtungen,
damit ihr ja keines verloren ging.
Der Hasenmann hatte bessere Nerven. Er genoss
die Bewunderung des Gockelhahns, der ihn sogar etwas beneidete um
den reichlichen Nachwuchs.
Bibi Hendi tischte mehrere Schüsselchen mit
verschiedenen Körnern auf. Sie wusste, was der Hasenfamilie
schmeckt.
Außerdem hatte sie noch eine Riesen Karotte
besorgt, denn sie wollte ihre Gäste gut bewirten. Die Kleinen
knabberten und knabberten. Es sah zu putzig aus, wie sie mit
ihren kleinen Hasenzähnchen die Karotte zerkleinerten. Dabei
bewegten sich die süßen Hasenmäulchen.
Auch die Hasenmama schaute ihnen voller Stolz
zu. Sie vergaß sogar das Essen.
Danach putzte sie die Hasenkinderlein, die gar
nicht still halten wollten. Das Herumklettern im Hühnerhaus war
ihnen viel wichtiger.
Der Hasenmann hatte seinen Korb dabei. Diesmal
war er nicht für Eier bestimmt, nein, zum Schluss wurden die
Hasenkinder eingesammelt, und sie waren froh darüber, dass Papa
Hase sie nach Hause trug. Die Hasenmama lobte ihren Hasenmann und
gab ihm für die Fürsorge einen zarten Hasenkuss.
NACHWUCHS WIRD
GEWÜNSCHT
Bibi Hendi und Gockelhahn hatten vor, ihre
Aufgabe als Eltern wirklich ernst zu nehmen.
Das Brüten dauerte zwar Bibi Hendi zu lange.
Gockelhahn versuchte mit allen Tricks, ihr diese lange Zeit so
kurzweilig wie möglich zu gestalten. Er saß viele Stunden bei ihr,
erzählte ihr alle Neuigkeiten, die er nur zu Gehör bekam und
witzelte öfters, damit sie auch fröhlich war.
Von seinem Futter ließ er die Weizenkörner für
Bibi Hendi übrig, er wusste um ihre Lieblingsspeise.
Wenn Bibi Hendi das Nest mit den Eiern
verließ, wachte er so lange, bis sie wieder zurück kam. Er hatte
Verständnis. Bibi Hendi brauchte auch mal frische Luft und musste
sich die Beine vertreten.
Gockelhahn war ungeduldiger als Bibi Hendi. Er
konnte gar nicht verstehen, dass die Brutzeit jedesmal so lange
dauerte. Immer wieder horchte er an den Eiern, ob sich da drinnen
schon etwas regte.
Bibi Hendi lachte über ihn, und innerlich
freute sie sich über den stolzen "Noch nicht Vater."
Aber jede Zeit kommt heran. So auch bei den
beiden.
Gockelhahn verließ am Ende kaum noch das
Hühnerhaus. Er wollte unbedingt beim Ausschlüpfen der Küken dabei
sein.
Da waren sie nun. Ganz nass und klebrig sahen
sie aus. Gockelhahn erschrak, als er sie sah. Ganz zerzaust waren
sie und so winzig klein und zerbrechlich.
Mama Bibi Hendi sah überglücklich aus und
beruhigte ihren Mann. Sie kannte sich da besser aus. "Warte nur,
wenn sie erst trocken sind und paar Tage älter, allerliebst sehen
sie dann aus."
Gockelhahn schaute etwas ungläubig zu ihr
hinüber, doch der strahlende Ausdruck im Gesicht seines Bibi Hendis
ließ ihn nicht länger zweifeln.
Nun ging er auf den Hof und krähte so laut er
konnte. Damit wollte er den anderen die Ankunft seines Nachwuchses
mitteilen. Er schrie und schrie bis er heiser wurde.
Die Nachbarn kamen in Scharen angelaufen und
wollten auch am Glück der beiden teilhaben.
"Jetzt sind wir eine richtige, große Familie",
sagte er abends vor dem Einschlafen zu Bibi Hendi. Sie war
beschäftigt, ihre Kleinen gut zuzudecken und wagte sich nicht zu
rühren, damit die Kleinen schön warm saßen.
Gockelhahn äugte ständlich nach den Kleinen
und war voll entzückt über das flaumige, gelbe, samtige Federkleid
seiner Kinder.
Er war sich sicher, die schönsten Babys weit
und breit zu besitzen, und Bibi Hendi schmeichelte die Bewunderung
des Gockelhahns.
"Bald geht das Aufpassen los", sagte Mama,
denn sie merkte, dass die Kleinen schon unruhig und zappelig
wurden.
Und so kam es dann auch. Gockelhahn
verzichtete auf seinen geliebten Mittagsschlaf. In der Zeit passte
er alleine auf, damit Bibi Hendi ein wenig ausruhen
konnte.
Neugierig und unvorsichtig waren die Kleinen.
Sie kannten die Gefahren nicht und stelzten mit ihren wackeligen
Beinchen über all umher. Im Nest wollten sie nicht mehr bleiben.
Sie trieb es hinaus in das Helle, in das Leben.
GOCKELHAHN AUF WOHNUNGSSUCHE
Gockelhahn
hatte vor, seine Familie noch etwas zu vergrößern und machte sich
Gedanken, ob er anbauen soll oder einfach in ein größeres Haus
umziehen soll. Er behielt sein Vorhaben noch für sich, denn er
wollte sein Bibi Hendi nicht beunruhigen. Erst wollte er sich
umsehen und ihr dann Vorschläge unterbreiten.
So erkundigte er sich im ganzen Umkreis. Zu weit weg sollte es
nicht sein wegen der vielen lieben Bekannten. Darauf wollte er
nicht verzichten, und sein Bibi Hendi sicher auch nicht. So ging er
sehr früh los, als alle anderen noch schliefen. Er hatte von einem
Hühnerhaus gehört, das verlassen war, und dieses wollte er in aller
Ruhe besichtigen.
Die Lage des Hauses gefiel ihm gut. Innen war es geräumig und in
einem guten Zustand. Es war doppelt so groß und hatte Platz für
zehn Nester. Nur gründlich geputzt und renoviert musste es
werden.
In der Nähe war der Ententeich, und zu der befreundeten
Hasenfamilie war es auch nicht weit.
Eine neugierige Henne beobachtete ihn und fragte nach einer Zeit
freundlich, was er denn da suche. Er gab ihr gerne Auskunft, denn
sie war ihm vom ersten Augenblick an sympathisch. So musste er
seine Begeisterung erst mal bremsen.
"Ich würde mich freuen, wenn sie hier mit ihrer Familie einziehen
würden. Wir sind insgesamt fünf Hennen, und unser Hahn ist im
vorigen Jahr gestorben", erzählte sie ihm. "Wir wären alle froh,
wieder einen Hahn in unsere Nähe zu wissen." Das schmeichelte dem
Gockelhahn ungemein --- aber erst musste er mit seinem Bibi Hendi
sprechen und auch ihr Einverständnis haben. Ohne sie wollte er
nichts entscheiden.
Daheim angekommen, platzte er gleich mit seinen Gedanken und Plänen
und dem soeben Erlebten heraus.
Bibi Hendi sah ihn kritisch an. Für sie war alles zu viel und zu
neu für den Augenblick. Sie musste erst in Ruhe überlegen.
"Da hättest Du gleich noch ein paar Freundinnen", meinte
Gockelhahn. "Die eine, die ich kennen gelernt habe, ist super
nett."
Schau Dir alles in Ruhe an, und dann reden wir noch einmal
darüber", meinte Gockelhahn, der kaum seine Begeisterung verbergen
konnte. "Außerdem müssen wir auch die Kinder und die kleine Maus
fragen, ob sie von hier wegziehen wollen entgegnete Bibi Hendi.
"Leid tut es mir um die Katze Lissy. Sie war immer so lieb zu uns.
Sicherlich ist sie traurig, wenn wir sie verlassen", gab Bibi Hendi
zu bedenken. "Ich brauche eine Woche Bedenkzeit. So etwas soll man
nicht überstürzen", sagte sie zu Gockelhahn.
Er hatte Verständnis für seine Frau, die immer sehr besonnen
handelte.
So musste er seine Begeisterung erst mal
bremsen.
Für den
Nachmittag war die Besichtigung des neuen Hühnerhauses
geplant. Bibi Hendi inspizierte alles sehr kritisch,
sprach auch mit den anderen fünf Hennen, die ihr irgendwie leid
taten so ohne Hahn und entschloss sich im geheimen für den
Umzug.
Gleich
wollte sie es dem Gockelhahn nicht sagen. Außerdem musste sie es
den Kleinen und der Maus schmackhaft machen, und sie hatte sich ja
eine Woche Bedenkzeit erbeten. So ließ sie ihn noch etwas zappeln.
Am Sonntag wollte sie ihm endgültig Bescheid geben, und Gockelhahn
wartete ungeduldig darauf.
Wie freute
er sich, als er Bibi Hendis Einverständnis erhielt. Er war kaum
mehr zu bremsen. Übermütig sprang er von einem Bein auf das andere.
Im Hof tanzte er mit den Kleinen einen Reigen, sie durften auf
seinen Rücken springen, durften ihn an den Federn zupfen, alles
das, was er eigentlich normal nicht besonders mag. Irgend etwas
beflügelte ihn, und Bibi Hendi lachte innerlich über seine
Ausgelassenheit. Sie freute sich, wenn ihr Mann so glücklich
war.
DER UMZUG
Gockelhahn
weckte seine Familie sehr früh. Er wollte den Umzug in einem Tage
schaffen und das alte Haus in gutem Zustand zwei seiner Töchter
überlassen. Diese meinten sich schon alt genug und wollten für sich
alleine wohnen. Die Eltern fanden die Idee nicht schlecht, denn sie
wussten, dass über kurz oder lang die Kinder ihre eigenen Wege
gehen.
Bibi Hendi zeigte nicht ihre Trauer darüber, nur noch zwei Töchter
zu haben. Sie liebte sie alle vier, denn sie hatte sich so an sie
gewöhnt. Außerdem hatte jede andere Eigenschaften, die zu
erforschen, ihr große Freude bereiteten.
Beim
Abschied rollten ihr ein paar Tränlein aus ihren treuen
Mutteraugen, und die Kleinen versuchten, sie zu beruhigen. "Wir
besuchen euch jeden Sonntag", versprachen sie, und das Gesagte tat
Bibi Hendi gut. Sie war sehr vernünftig und wollte es den Kindern
nicht schwer machen.
Gockelhahn litt nicht so sehr am Abschiedsschmerz. Außerdem reizte
ihn das Neue, und er war realistischer eingestellt.
Er stellte sich im Geiste schon vor, Hahn mehrerer Hennen zu sein,
und somit wusste er auch um den reichen Kindersegen.
Bibi Hendi
sollte sein liebstes Frauchen bleiben. Das nahm er sich fest vor,
denn sie war ja auch seine erste, große Liebe.
Als sie
im neuen Hühnerhaus ankamen, waren sie angenehm überrascht. Die
netten, neuen Hennen hatten alles gesäubert und gründlich geputzt.
An der Eingangstür hing ein Schild "Herzlich Willkommen", und Essen
und Trinken stand bereit. Nach einer herzlichen Begrüßung wurde
gemeinsam gegessen und viel geplaudert.
Die zwei Hennenmädchen inspizierten das neue Gelände und wurden von
den Hennen um ihr wunderschönes, weiches Federkleid beneidet. "So
hübsch waren wir auch einmal", sagte eine Henne. "Leider vergeht
die Schönheit sehr schnell. Jetzt sehen wir ziemlich zerrupft aus,
aber im Laufe des Jahres wachsen zum Glück wieder neue Federn, so
dass wir immer noch einigermaßen gut aussehen. Freilich, die
Schönheit der Jugend ist dahin, wie schade."
Gockelhahn musterte die fünf Hennen und fand sie recht ordentlich
aussehend. Er war stolz und überglücklich, nun so viele weibliche
Hennen zu besitzen. Das Problem mit den fehlenden Federn hatte er
nicht. Wunderschön sah er aus in seinem prächtigen, bunten
Federkleid. Seine Schwanzfedern leuchteten silbrig blau, und er
hielt sie besonders in die Höhe. Mit erhobenem Kopf stolzierte er
herum, denn er fühlte sich einfach wohl.
Nun war er wirklich "Hahn im Korbe". Das wurde ihm an diesem
Nachmittag so recht bewusst. Seine Äuglein wanderten von einer
Henne zur anderen, und auch die Hennen warfen mehrmals einen
verstohlenen Blick nach ihm. Man musste sich erst richtig kennen
lernen. Heute war alles noch viel zu neu.
Auch die kleine Maus war nur am Beobachten. Von ihr nahm keiner
Notiz. Sie saß versteckt unter einem Holzbalken und lauschte dem
lauten Gegacker der vielen, fremden Hennen. "So lieb, wie das Bibi
Hendi sind die fremden Hennen nicht", dachte sie bei sich. Sie war
froh darüber, bei ihr und Gockelhahn wohnen zu dürfen. Das wurde
ihr heute richtig klar, und abends wollte sie es Bibi Hendi sagen
und sich bei ihr bedanken.
GOCKELHAHN BEKOMMT EINEN
GIPSFUSS
Gockelhahn
wollte seine Familie mit einigen Leckerbissen überraschen und stand
schon sehr früh auf. Leise schlich er aus dem Hühnerhaus. Diesmal
krähte er nicht, damit sein Verschwinden nicht bemerkt wurde.
Er sprang über den Nachbarzaun und machte sich im großen
Gemüsegarten zu schaffen. Eifrig scharrte er mit seinen kräftigen
Füßen tiefe Löcher in die Erde, um saftige Regenwürmer zu
finden.
Er scharrte und scharrte und war so damit beschäftigt, dass er den
heranspringenden fremden Hund zu spät bemerkte.
Erst durch
das Bellen wurde er auf die herannahende Gefahr aufmerksam. Jedoch
zu spät...... Der böse Hund versuchte, ihn zu packen. Doch
Gockelhahn entwischte ihm noch einmal und flog dann in großen
Sätzen in Richtung rettenden Zaun. Mit einem Satz war er oben auf
dem hohen Zaun. Doch beim Herunterspringen auf die rettende Seite
blieb er mit seinem rechten Fuß hängen. Der Fuß verdrehte sich im
Maschenzaun und knickte um. Gockelhahn riss sich mit einem Ruck
los, und dabei brach sein Bein. Erst beim Auftreten merkte er, was
geschehen war.
Er spürte
einen stechenden Schmerz. Auf einem Bein hüpfend, und ein wenig
fliegend,erreichte er sein Hühnerhaus. Ganz zerzaust sah er aus,
und Bibi Hendi bekam einen ordentlichen Schreck, als sie ihren
hinkenden Mann sah. Sie gackerte so aufgeregt, dass im Nu alles
zusammenlief, um zu erfahren, was passiert war. Gockelhahn musste
immer wieder berichten, wie es dazu kam. Er konnte den kranken Fuß
nicht mehr bewegen, ja er schwoll ordentlich an.
Auch die
Nachbarhennen fanden sich ein. Eine Henne, die keine Küken zu
versorgen hatte, erklärte sich sofort bereit, den Doktor zu
benachrichtigen. So rannte sie so schnell sie konnte, denn auch ihr
tat der arme Gockelhahn leid.
In der Zwischenzeit nahm Gockelhahn vor dem Hühnerhaus Platz. Alle
umringten ihn. Bibi Hendi legte ein nasses Tuch auf sein schlimmes
Bein. Nach einer Stunde kam die Henne mit dem Doktor zurück.
"Oh, je, das Bein ist gebrochen", stellte der Doktor kurz fest. Er
machte ihm einen strammen Gipsverband. Gockelhahn konnte das Bein
überhaupt nicht gebrauchen. Es war für die Hennen ein schweres
Stück Arbeit, ihn in ein unten liegendes Nest zu hieven.
Mit vereinten Kräften schafften sie es. Dort musste er mehrere Tage
ruhig liegen bleiben. Das war für ihn schrecklich.
Oftmals versuchte er, trotz Verband aufzustehen, aber es war ihm
nicht möglich.
Bibi Hendi öffnete früh die Tür des Hühnerhauses, und Gockelhahn
krähte aus Leibeskräften im Liegen, damit alle den Beginn des neuen
Tages mit bekamen. Seine Aufgabe ließ er sich nicht nehmen, obwohl
es ihn sehr anstrengte. Die vielen Hennen versorgten ihn liebevoll,
und auch die Kleinen sahen nach ihrem kranken Papa. Um ein Haar
hätte alles viel schlimmer ausgehen können.
In 4 Wochen kam der Gips ab. In der ersten Zeit, tat ihm das Laufen
noch weh, doch von Tag zu Tag wurde sein Bein besser. Den
Nachbargarten mit den großen Gemüsebeet und dem bösen Hund mied er
seit diesem Zwischenfall. Außerdem warnte er alle mit Nachdruck
davor.
"Lieber auf Leckerbissen verzichten und mit Körnern zufrieden sein
ist besser für uns Hühnervolk, als wochenlang ein Gipsbein."
Das sagte er oft scherzend zu seinen Kindern.
STREIT UNTER DEN HENNEN
Sie waren
nun schon vier Wochen in ihrem neuen Hühnerhaus, und es war
inzwischen sehr gemütlich eingerichtet.
Auch das Mäuslein wohnte in einem großen Hühnernest. Es waren
genügend leer. So durfte sie ein ganzes Nest für sich alleine
bewohnen. Sie fühlte sich mausewohl in dem großen Nest und
kuschelte sich ganz tief ins Heu hinein. Man konnte sie nicht
sehen, nur ab und zu piepste sie, und dann wollte sie auf sich
aufmerksam machen. Meistens tat sie das, wenn sie Hunger hatte. Die
fünf Nachbarhennen kamen mehrmals am Nachmittag zu Besuch in das
neu bezogene Hühnerhaus. Dann wurde es laut und unruhig im
Hühnerhaus, und das Mäuslein verkroch sich ganz nach unten und kam
erst dann wieder hervor, wenn die fremden Hennen weg waren. Sie
liebte mehr die Stille. Das Lärmen war ihr unangenehm.
Die Hennen gackerten ohne Pause und bemühten sich um einen Platz
neben dem Gockelhahn. Dabei konnte Bibi Hendi beobachten, wie sich
zwei Hennen fürchterlich um einen Platz stritten. Sie pickten
einander ernstlich. Die eine hackte so kräftig nach der anderen,
dass diese die Flucht ergriff und laut gackernd davon eilte.
Tagelang ließ sie sich nicht sehen. Wahrscheinlich hatte sie eine
Wunde von dem Kampf, denn Bibi Hendi sah am Abend auf dem Boden
eine kleine Blutspur.
Das tat
Bibi Hendi leid, dass sie sich wegen Gockelhahn stritten, und sie
nahm sich vor, der bösen Henne mal gründlich die Meinung zu sagen.
Streit konnte sie nicht ertragen.
"Dann bin ich lieber ohne Freundinnen", sagte sie abends zu
Gockelhahn, der den ganzen Streit nicht mit bekam und meinte, Bibi
Hendi würde zu sensibel sein. "So ist es nun mal auf der Welt", war
sein kurzer Kommentar.
"Hauptsache, wir streiten nicht", gab Bibi Hendi zurück. "Ich kläre
gleich am nächsten Tag alles mit der Streithenne", sagte sie, bevor
sie am Abend einschlief.
Nachts träumte sie schaurig. Die Streithenne ging sogar auf sie
los, und Bibi Hendi sah sich im Traum wieder im alten Hühnerhaus
allein mit Gockelhahn wohnend.
Früh war es ihr erster Gedanke, ein Gespräch mit den Hennen zu
führen, besonders aber der hackenden Henne ihre Meinung zu
sagen.
Gockelhahn
blieb zu Hause. Er ging solchen Streitgesprächen gerne aus dem Weg.
So ging Bibi Hendi alleine los. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen,
als sie den anderen ihren Standpunkt erklärte.
"Das will ich nicht noch einmal in meinem Hause erleben", sagte sie
sehr ernst und laut. Ihre Stimme zitterte dabei, denn sie war
aufgeregt, wollte jedoch ihre innere Aufruhr den anderen nicht
zeigen.
"Wenn es noch einmal vorkommt, ziehen wir wieder in unser altes
Quartier. Dann seid ihr ohne Hahn", war ihr letzter Trumpf.
Die Hennen schauten überrascht drein. Die böse Henne entschuldigte
sich für den "Ausrutscher", wie sie meinte und versprach, in
Zukunft friedlich zu sein.
EIN HUND SORGT FÜR
AUFREGUNG
Seit ein
paar Tagen gab es einen Hund auf dem Hof. Gockelhahn wurde durch
sein nächtliches Bellen geweckt. Erst dachte er nur, geträumt zu
haben, aber leider.
Es war ein wirklicher, großer, schwarzer Hund, der seit gestern den
Hof bewachen sollte.
"Na, der fehlt uns noch", war Bibi Hendis Kommentar, als sie von
Gockelhahn die Neuigkeit hörte. "Hoffentlich beißt er die Kleinen
und uns nicht", sorgte sich Bibi Hendi.
"Ich werde ihn vorsichtig testen", meinte Gockelhahn. "Wie willst
du das machen?" fragte sie besorgt. "Ich werde so nah wie möglich
an ihn heranfliegen und abwarten, was er macht. Wenn er mir zu nahe
kommt, dann krähe ich ganz laut und schlage mit den Flügeln.
Vielleicht hacke ich ihm auch eine, dann wird er für immer Respekt
vor mir haben und euch auch in Ruhe lassen."
"Pass gut
auf dich auf!" riet ihm Bibi Hendi, die Angst um ihren Gockelhahn
verspürte.
Gockelhahn wollte die unangenehme Sache hinter sich bringen. Er
ging auf den Hof in Richtung Hund. Dieser tat schlafend, äugte aber
ab und zu in Richtung Gockelhahn, der ständig näher hüpfte.
Der Hund bewegte belustigt den Schwanz. Gockelhahn deutete dies als
Zeichen seiner Friedfertigkeit. Nun war Gockelhahn nur noch einen
Meter von dem Hund entfernt. Er sah ihm fest in die großen, braunen
Augen und fand, dass er gute Augen hatte.
Gleichzeitig sah sich der Hund den für ihn
fremden Besucher an. So ein Federtier hatte er noch nie
gesehen.
Gockelhahn
ließ plötzlich sein lautes "Kikeriki" hören. Der Hund erschrak
mächtig, blieb aber liegen und schloss friedlich die Augen. Also
war er ungefährlich.
"Gott sei
Dank", sagte Bibi Hendi und war sichtlich erleichtert, denn sie
dachte in erster Linie an ihre zwei Mädchen. Trotzdem konnte sie es
sich nicht verkneifen, ihnen den Rat zu geben, doch etwas Vorsicht
walten zu lassen und nicht gar zu nahe an den schwarzen Bewohner zu
gehen. Sie seien nicht so stark wie Papa Gockelhahn und man kann ja
nie wissen........
BIBI HENDI HAT GEBURTSTAG
Früh
brachte Gockelhahn seinem Bibi Hendi ein besonders lautes
Ständchen. Er krähte aus voller Brust und war hinterher ganz
heiser.
Bibi Hendi freute sich darüber, denn sie liebte ihren
Gockelhahn.
Lange vorher überlegte er, womit er sie erfreuen könne. Es fiel ihm
nichts Passendes ein, und so erkundigte er sich bei den anderen
Hennen.
"Ein Silberring würde ihr bestimmt gut stehen. Aber das wollen wir
ihr schenken. Du musst dir schon selber was ausdenken", sagte eine
der Hennen.
So besuchte er die Hasenfamilie und fragte dort nach einem
passenden Geschenk.
Frau Hase
wusste gleich etwas. Sie war im Malen sehr geschickt und zeigte ihm
eine wunderschöne, handbemalte Futterschüssel. "Ein reines
Kunstwerk, schau sie dir an", sagte sie zu Gockelhahn. Auch er fand
die Schüssel entzückend. Sie hatte die Farben gold, braun und gelb
wie Bibi Hendis Federkleid. Nun hatte er etwas Hübsches und war
froh darüber. Tagelang sammelte er Leckerbissen, um die Schüssel
bis zum Geburtstag zu füllen. Er wollte Bibi Hendi mit einem
herrlichen Frühstück am Geburtstagsmorgen überraschen.
Bibi Hendi lud ihre Lieben zum Picken aus der Schüssel ein, auch
die Maus half mit, und erst als sie leer war, konnte sie die
traumhaft schöne Schüssel bewundern. "Wo hast du sie denn gekauft?"
fragte sie neugierig ihren Mann.
"Frau Hase hat sie gemalt. Du weißt ja, sie ist eine wahre
Künstlerin. Die Hasenfamilie kommt nachmittags auch zum
Gratulieren."
Vormittags kamen die zwei Töchter. Sie küssten Mama Bibi Hendi
zärtlich und grüßten sie von Katze Lissy, die leider verhindert
war.
Dann kamen
die fünf Nachbarhennen und brachten den hübschen Silberring mit.
Sie selbst hatten sich auch besonders herausgeputzt und trugen am
linken Fußgelenk jede einen solchen Ring. Bibi Hendi steckte sich
den Ring an den rechten Fuß. Sie wollte dadurch zeigen, dass sie
die erste Frau von Gockelhahn war. Stolz sah sie an ihrem Bein
hinunter, und der Ring glänzte in der Sonne. Es war für sie
ungewohnt, so einen Ring zu tragen, aber sie wollte die Hennen
nicht beleidigen. So ließ sie ihn an ihrem rechten Fuß.
"Mama, wir wollen auch einen Ring", gackerten die Töchter.
"Später", war die kurze Antwort von Bibi Hendi.
Der Hund
wurde neugierig, warum es im Hühnerhaus so laut zuging und schaute
durch die offene Tür. Die kleinen Hasen erschraken fürchterlich und
flüchteten schnell zu den Eltern. "Wir feiern heute Mamas
Geburtstag", gackerte ein kleines Hühnchen, die den Hund schon
besser kannte. "Leider haben wir nichts für dich zu fressen",
entschuldigte sich Bibi Hendi, die sich etwas schuldig fühlte, weil
sie ihn nicht eingeladen hatte. "Dann wünsche ich viel Spaß und ein
langes Leben", entgegnete der Hund und entfernte sich diskret vom
Hühnerhaus.
"Ist das aber ein netter Kerl, so einer ist uns noch nie begegnet",
stellten die Hennen fest, und jede erzählte eine Geschichte über
ein Erlebnis mit einem Hund. Das war ein spannender Nachmittag, und
die Zeit verging im Fluge.
Die Kleinen lauschten andächtig den Berichten der Erwachsenen. Sie
hatten nicht viel zu erzählen, denn es fehlte ihnen die Erfahrung
in ihrem kurzen Leben.
DIE LETZTEN KÜKEN FLIEGEN AUS
Immer
öfter gingen die Töchter von Bibi Hendi und Gockelhahn alleine
fort. Sie entfernten sich jeden Tag weiter von der Behausung.
Eines Abends erzählten sie ganz aufgeregt, dass sie einen jungen,
süßen Gockelhahn kennen gelernt hätten, der sie einlud, zu ihm zu
ziehen.
Sie wollten es gerne tun, falls die Eltern einwilligten.
Bibi Hendi tat es weh, als sie das hörte. Sie spürte kurz einen
Stich in ihrem treuen Hühnerherz.
"Ihr seid alt genug, ihr werdet es schon richtig machen, Kinder",
sagte sie, denn sie wollte ihnen nicht unnötig das Herz schwer
machen.
Gockelhahn fand die Entscheidung auch vernünftig. Am Nachmittag
begleiteten die Eltern ihre zwei Töchter zum neuen Wohnsitz.
Gockelhahn sprach lange mit dem jungen Hahn. Es war ein Gespräch
von Mann zu Mann. Die Frauen hielten sich zurück und warteten in
einiger Entfernung. Auch Bibi Hendi gab noch liebe Worte mit auf
den Weg. Sie streichelte zart über das Federkleid ihrer Töchter und
wischte dadurch ihre Tränlein fort, die abwechselnd aus dem linken
und rechten Auge tropften. Die Kleinen sollten es nicht merken.
Sie wollte so stark sein, aber es war doch schwerer, als sie es
sich vorgestellt hatte.
Zum Glück näherte sich Gockelhahn, und so wurde der Abschied
verkürzt. "Der ist in Ordnung", sagte er kurz zu Bibi Hendi.
"Außerdem hat er ein schönes Haus, da werden sich unsere beiden
wohl fühlen", beruhigte er sein Bibi Hendi. Er sah, wie sie mit
ihren Tränen kämpfte und wollte sie in bessere Stimmung
versetzen.
Die Töchter küssten noch einmal ihre Eltern, strahlten vor
Erwartung und winkten noch lange nach.
Bibi Hendi überfiel eine große Traurigkeit. Schweigsam lief sie
neben Gockelhahn her, der auch nicht die richtigen Worte fand, sie
zu erheitern.
So schritten sie bis nach Hause.
Die kleine Maus hatte in der Zwischenzeit Futter gesammelt und
liebevoll ein Mahl zubereitet. "Du bist lieb", waren Bibi Hendis
erste Worte, als sie ihr leeres, großes Hühnerhaus betrat. Die
vielen, leeren Nester starrten sie an, und in ihr kam der Wunsch
auf, sie nach Möglichkeit alle zu füllen.
Sie liebte Kinder, und dann hätte sie wieder eine Aufgabe. Abends,
im warmen Nest liegend, sprach sie mit Gockelhahn darüber.
Er war hellauf begeistert über die Pläne seiner Frau. Nun war er
wieder in seinem Element. Er malte ihr alles in den schönsten
Farben aus und freute sich darüber, dass Bibi Hendi ihre
Traurigkeit abgelegt hatte. Bibi Hendi kroch in sein Nest. Sie
brauchte heute besonders viel Wärme und Zuneigung. Gockelhahn war
ganz zärtlich zu ihr und hielt sie warm. Sie hatte sich nun
innerlich damit abgefunden von der Trennung ihrer Töchter, und das
war gut so. Jetzt tat es nicht mehr weh. Sie freute sich auf das
Neue.
EINE LANGE WARTEZEIT
Bibi Hendi
legte nun fleißig Eier. Sie versteckte sie, damit ihr niemand eines
wegnehmen konnte. Gockelhahn half ihr beim Verstecken. Außerdem
leistete er ihr so oft er Zeit hatte, Gesellschaft beim Eierlegen.
Mehr konnte er nicht beitragen, denn das Eierlegen war Frauensache.
Auch das Brüten musste Bibi Hendi alleine tun. Er musste nur vorher
dafür sorgen, dass die Eier befruchtet waren und täglich besprang
er sein Bibi Hendi und pickte sie zärtlich. Dabei passte er sehr
auf, um ihr nicht weh zu tun. Sie hielt ganz still denn sie wusste,
dass es zum Kinderkriegen dazu gehörte.
Diesmal wollte sie gleich acht Eier ausbrüten. Es sollte ein
Versuch sein. Gockelhahn sprach ihr immer wieder Mut zu, wenn sie
nicht mehr auf den Eiern sitzen konnte. Er erzählte ihr
Geschichten, um ihr die Zeit zu vertreiben. Außerdem verwöhnte er
sie mit Löwenzahnblättern, die ihr gut schmeckten.
Zwischendurch besuchte er auch die anderen Hennen, die sich
ebenfalls Küken von ihm wünschten. So hatte er am Tage ein volles
Programm und kam abends meistens erschöpft zurück.
Bibi Hendi wartete schon sehnsüchtig auf ihn. Er brachte jedesmal
Neuigkeiten mit. Das war für das brütende Bibi Hendi eine schöne
Abwechslung.
Oft war sie ungeduldig. "Wenn nur die lange Wartezeit nicht wäre",
jammerte sie. "Ich muss heute mal die anderen Hennen besuchen. Ich
will sehen, ob sie auch so sauer sind." Gockelhahn hatte
Verständnis und passte in der Zwischenzeit auf die halb
ausgebrüteten Eier auf. Keinen Schritt wich er vom Nest. Man konnte
ja nie wissen.....
Bibi Hendi tat die frische Luft gut. Sie rannte flink zum
Nachbargarten, wo die anderen Hennen wohnten.
Die meisten der fünf Hennen saßen ebenfalls in ihren Nestern und
brüteten. Auch sie hatten keine gute Laune. Erst als sie Bibi Hendi
sahen, wurde ihr Gesichtsausdruck fröhlicher, denn für sie war der
kurze Besuch eine Abwechslung.
Bibi Hendi tat es gut, zu sehen, dass es den anderen Hennen gleich
ging. So stellte sich bei ihr wieder eine Portion Zufriedenheit
ein. Gern setzte sie sich wieder auf die zu brütenden Eier. Sie
musste äußerst vorsichtig sein, damit sie keines zerdrückte.
"Nach zehn Tagen müssten die ersten ausschüpfen", bemerkte sie
abends gutgelaunt, dann habe ich meine einundzwanzig Tage
abgesessen.Der heutige Ausflug gab ihr wieder die Kraft, auch noch
die letzten Tage durchzustehen. Sie jammerte nun nicht mehr, denn
sie hatte das Bild der anderen brütenden Hennen vor Augen, denen es
gleich ging.
Im Geiste stellte sie sich acht gesunde, niedliche Küken vor, und
darüber schlief sie friedlich ein.
REICHER KINDERSEGEN
Es war
ausgemacht, dass Gockelhahn bei jedem Küken, das ausschlüpfte, drei
mal laut krähen sollte. Dann wussten die Nachbarhennen genau, wie
groß der Zuwachs bei Bibi Hendi und Gockelhahn war.
Sie hatten großes Glück. Aus allen acht Eiern schlüpften kleine,
süße, glitschige Küken. Gockelhahn wurde ganz heiser vom vielen
Krähen. Er musste bei dem reichen Kindersegen vierundzwanzig Mal
sein "Kikeriki" erschallen lassen.
Nun waren sie eine große Familie. Bibi Hendi vergaß fast ihre
ersten vier Töchter. Sie hatte so viel Mühe mit den Kleinen, sie zu
wärmen und zu füttern. Außerdem musste sie ständig aufpassen,
keines zu zerdrücken. Sie traute sich kaum zu rühren, wenn es ihr
gelang, alle unter sich zu platzieren. Gockelhahn brachte ihr das
Essen die Hühnerleiter hoch und fütterte liebevoll sein Bibi Hendi
im Nest. Es kam viel Besuch. Alle waren neugierig und bewunderten
die flaumigen, gelben, putzigen Küken. Auch bei den anderen Hennen
stellte sich so nach und nach der gewünschte Nachwuchs ein.
Gockelhahn hatte innerhalb weniger Wochen 22 Küken.
Die
Kleinen verstanden sich untereinander prächtig. Sie liefen auf der
Wiese herum. Die Hennen empfanden es als angenehm, dass so viele
Aufpasserinnen vorhanden waren. So konnte eine jede ihren freien
Nachmittag nehmen. Das tat allen gut, und auch Gockelhahn wurde als
Babysitter eingeteilt. Das war für ihn ein besonderer Spaß, mit den
Kleinen herum zu tollen. Allerliebst sah es aus, wenn er mit
erhobenem Haupt da stand und alle Kleinen um sich versammelte.
Wie lachte das Hennenherz bei diesem Anblick. Es waren einfach
Glücksmomente in einem Hennenleben. Was gab es Schöneres? Die Sonne
schien. Zu Essen gab es reichlich, und es herrschte eine friedliche
Atmosphäre unter dem Hühnervolk.
Auch die Maus suchte sich einen Mäuserich. Sie bekam nach kurzer
Zeit eine Handvoll niedlicher, winziger Mäusekinder.
Das Hühnerhaus hatte Platz genug für die bescheidene
Mäusefamilie.
Da war ein Leben im Hühnerhaus, wenn bei schlechtem Wetter alle
drin blieben. überall wimmelte es von Kleinen. Manchmal lärmten sie
fürchterlich, und Gockelhahn flüchtete dann nach draußen. Er
brauchte ab und zu seine Ruhe. Bibi Hendi ging es nicht anders.
Sie besuchte, wenn es ihr zu bunt wurde, ihre großen Töchter und
hörte dort Neuigkeiten, die sie dann abends Gockelhahn
berichtete.
Zum Glück fühlten sich die Töchter wohl. Es gab nur angenehme Dinge
zu erzählen. Das tat beiden besonders gut, darüber zu sprechen. Oft
lachten und scherzten sie vor dem Einschlafen. Es war wie
früher.
Manchmal wurde es sehr spät bis die Äuglein zufielen. Gockelhahn
hatte auch das Bedürfnis, alles Erlebte mit ihr zu teilen. Oft kam
es vor, dass er sprach und sprach, während sein Frauchen schon
selig schlief.
GOCKELHAHN GIBT EIN FEST
Gleich
früh hatte Gockelhahn die Idee, alle seine Bekannten einzuladen. Er
fühlte sich wieder gut, und das war ein Grund zum Feiern.
"Wir laden alle ein," meinte er zu Bibi Hendi, "auch die
Hasenfamilie und die Enten. Katze Lissy dürfen wir natürlich auch
nicht vergessen." Bibi Hendi war froh darüber, dass es ihm wieder
besser ging. Das Einladen der anderen war ein sichtliches Zeichen
dafür.
Die übrigen Hennen boten gleich ihre Hilfe an. Sie waren sehr
gesellig und liebten das lange Plaudern. Außerdem war es eine
willkommene Abwechslung in ihrem Hennenleben.
Die "von Mund zu Mund Propaganda" klappte ausgezeichnet. Bald
wussten alle Beteiligten, was am kommenden Sonntag im Hühnerhaus
stattfinden würde. Von allen Seiten kamen sie angereist.
Die Enten kamen geflogen, die Hasen angehoppelt, die Hühner teils
geflogen, teils gelaufen. Jeder brachte eine Portion gute Laune mit
und auch was Wohlschmeckendes.
Die Hennen verteilten geschickt alles in verschiedene Schalen, und
so entstand ein reichhaltiges Buffet. Katze Lissy brachte einen
großen Fisch mit, den sie im Zierteich eines Gartens gefangen
hatte. Für die Hennen war dies etwas Unbekanntes, aber neugierig
wie sie sind, probierten sie den Fisch und pickten eifrig
daran.
Sie fanden ihn sogar lecker. Die Hasen verzogen ihre Schnütchen.
Schon der Geruch tat ihnen in ihrem feinen Näschen weh. Sie labten
sich lieber an Körnern und Karotten. Auch hartes Brot knabberten
sie. Es sah allerliebst aus, wenn die kleinen Häschen beidseitig an
einer alten Brotkruste herumbissen.
Die
Mäusefamilie hatte erst ihre Bedenken, als sie vom Besuch der Katze
Lissy im Hühnerhaus hörte. Mäusemama wollte ihre Kleinen nicht
unnötig in Gefahr bringen und bat sie, im Nest zu bleiben. So
äugten sie neugierig über den Nestrand, denn sie hatten schon oft
von Katze Lissy gehört, aber sie noch nie gesehen. Die Enten
schnatterten so laut und so viel. So vergaßen sie ganz und gar das
Fressen. Sie bekamen davon schrecklichen Durst und tranken alles
Flüssige aus.
Auch der Hofhund, der sich wirklich als friedlicher Bewohner
entpuppt hatte, legte sich zu der lustigen Gesellschaft. Für ihn
war nichts Verlockendes am Buffet dabei, und so spitzte er nur
seine Ohren. Er lauschte dem Gegackert und Geschnatter.
Als das Gespräch auf den bösen Hund in Nachbars Gemüsegarten kam,
äußerte er kurz, dass er ihn auch nicht leiden könne. Diese
Bemerkung trug bei allen dazu bei, ihn noch sympathischer zu
finden. Sogar die Katze Lissy sah ihm oft in seine großen, braunen
Hundeaugen und rückte im Laufe des Nachmittags immer näher an ihn
heran.
Die kleinen Hasen hoppelten vor seiner Nase herum und neckten ihn.
Er aber wedelte fröhlich mit dem Schwanz.
Gockelhahn
führte einige Kunststücke vor. Er wollte zeigen, dass er wieder
völlig der Alte ist. Die Kleinen schlugen vor Vergnügen mit den
Flügeln. Auch die Enten führten einen Tanz vor. Die Hasen hoppelten
um die Wette. Katze Lissy kletterte blitzschnell auf einen Baum und
ebenso schnell wieder herunter. Der Hund machte ein Männchen und
wackelte mit den Ohren, was alle lustig fanden. Die Hennen tanzten
mit ihren Kleinen einen Reigen, der allerliebst aussah.
Das Fest war wirklich gelungen. Am Abend gingen alle gut gelaunt
nach Hause. Es wurde der Wunsch geäußert, bald wieder so ein Fest
zu veranstalten. Das nächste Mal sollte es bei der Hasenfamilie
statt finden.
DER LANG GEPLANTE NORDSEE URLAUB
Bibi Hendi
und Gockelhahn planten schon lange mal einen Aufenthalt an der See.
Die Berge kannten sie, und es reizte sie, auch mal die Seeluft.
Kurz vor ihrem geplanten Nordseeurlaub wurden jedoch beide
ernstlich krank. Die Krankheit traf sie wie ein Keulenschlag und
kam wie aus heiterem Himmel, ja sie stellte sogar den Urlaub kurz
in Frage.
Was war geschehen? Bibi Hendi verspürte plötzlich beim Laufen ein
Brennen in der Brust, hatte etwas Atemnot, bekam bei leichtester
Anstrengung Kopfschmerzen. Für sie waren das alles nicht bekannte
Symptome, denn sie fühlte sich sonst recht wohl.
Sie musste sich mehrmals ausruhen. Am besten ging es ihr, wenn sie
kurz niedersaß. Dann verschwanden die Beschwerden und sie fühlte
sich besser. Doch das beängstigende Unwohlsein kam wieder, und Bibi
Hendi besuchte einen Arzt, der ihr von ihrem kranken Herzen
mitteilte.
Gockelhahn
hatte schon länger Kopfschmerzen. Er verschob den Arztbesuch von
Tag zu Tag, denn er wollte sein Bibi Hendi nicht lange alleine
lassen. Er ahnte sicherlich auch, dass diese Schmerzen nicht mit
einem Besuch behoben werden können.
Außerdem spielte er seine Beschwerden immer herunter, was Bibi
Hendi schon lange beunruhigte. Sie spürte, dass er da eine
"wirkliche" Schwachstelle hatte.
Durch seine Emsigkeit überspielte er vieles. Er wollte nicht
zimperlich und wehleidig erscheinen.
Außerdem hatte er sich im ganzen Jahr keine Ruhe gegönnt. Er ging
oft an die Grenzen. Das wusste er genau, doch es lag in seinem
Wesen.
Als der Zustand jedoch schlimmer wurde, trieb es ihn doch in eine
Klinik. Dort meldete der Arzt ernste Bedenken an und wollte ihn vom
Nordseeurlaub fernhalten. Doch der Termin zur Reise stand fest, und
da kannte der Arzt den Gockelhahn schlecht.
Er sprach und sprach. Bibi Hendi war zwar nicht dabei, aber sie
konnte es sich vorstellen, dass Gockelhahn wie mit "Engelszungen"
sprach, um mitfahren zu dürfen.
Und so gab
der Arzt nach.
Er wusste um die Traurigkeit des Bibi Hendis, wenn er nicht
mitkommen könnte. Alleine w�rde es ihr gar keine Freude bereiten,
selbst wenn ihre Freundinnen dabei wären. Keine könnte den
"geliebten Gockelhahn" ersetzen.
Er wollte einfach nur bei ihr sein, mit ihr ein wenig laufen,
schwatzen, lachen, einfach lieb zu ihr sein. Er wollte sie
beschützen und warm halten.
Die beiden waren im Laufe der Zeit unzertrennlich
geworden.
Im Beisein
ihres Gockelhahns würde sich Bibi Hendi wohl fühlen, wieder Kraft
sammeln für die Dinge, die "danach" kommen. Auch Gockelhahn fühlte
gleich.
Er
brauchte ebenfalls sein Bibi Hendi, um wieder zu gesunden.
Sie
werden öfters auf einer Bank sitzen. Der Wind wird ihre Federn
kräftig durchblasen. Gockelhahn wird sie glatt streicheln, damit
Bibi Hendi nicht so zerrupft aussieht.
Sie wird auf ihn aufpassen, damit sein Köpfchen nicht noch kränker
wird.
Lieb sind die beiden. Einer liebt den anderen, und so leidet auch
einer mit dem anderen. Bibi Hendi würde ihm am liebsten sein
krankes Köpfchen auch noch abnehmen, wenn sie es könnte. Sie möchte
ihn stark und gesund wissen, denn er wird noch sehr gebraucht.
Sie werden gierig die Seeluft einatmen, werden ihre Spuren im Sand
hinterlassen und auch oft nach "oben" blicken.
Die mitgereisten Hennen werden manchmal die Köpfe schütteln,
denn ihnen fehlt das Verständnis für die zwei "verrückten,
verliebten Hühner", wie Bibi Hendi oft scherzhaft feststellt.
Die Freude, die beide empfinden, wird ihnen so gut tun. Sie werden
in den zwei Wochen alles Unangenehme hinter sich lassen.
Sie werden ihre Seelen mit dem Wind nach oben schicken und
glücklich sein. Dadurch erleben sie so schöne Augenblicke, an die
sie sich später noch öfters erinnern werden.
Warum gerade der Gockelhahn so an Bibihendi hängt, ist ihr ein
Rätsel. Es gibt so viele verschiedene Hennen.
Bibi Hendi hat nur eine sehr kurze Erklärung, warum es so sein
könnte. "Er hat mich eben lieb, so wie ich bin", sagt sie sich dann
erklärend.
Das wird das Geheimnis sein, und bei ihr ist es nicht anders.
Sie werden mit dem Zug reisen mit den anderen Hennen gemeinsam.
Jeder hat eine Platzkarte. Bibi Hendi und Gockelhahn hätten nur
einen Platz gebraucht, so dicht werden sie beieinander sitzen.
An der Nordsee werden sie auch einige Ausflüge per Schiff oder Bus
machen. Bibi Hendi möchte auf die Halligen fahren, dort die
verschiedenen Warften besuchen, auch die Kirche.
Sie werden
in Zukunft mit ihren Kräften haushalten müssen. Sie wollen ja noch
lange zusammen bleiben, die beiden verrückten Hühner: Bibi Hendi
und Gockelhahn.
WEIHNACHTEN BEI BIBIHENDI UND
GOCKELHAHN
Der erste
Schnee fiel in diesem Jahr schon sehr früh. Es wurde sehr kalt, und
alle blieben jetzt länger in ihrem Nest.
Gockelhahn vergaß aber trotzdem seine Aufgabe nicht. Er huschte
leise aus seiner wohligen Behausung, krähte draußen mal tüchtig und
bewunderte seine Spuren im Schnee. Er bekam aber bald kalte Füße
und nun schlüpfte er zu Bibi Hendi ins Nest, um sich zu wärmen. Sie
wurde kurz wach, schimpfte kurz, weil ihr die kalten Federn ihres
Gockelhahns nicht passten und schlief dann wieder schnell ein.
Heute wollte es draußen gar nicht hell werden. Alles war noch
still. Wahrscheinlich schliefen die anderen auch noch. Nicht einmal
der Hund, der immer bei den Frühaufstehern war, bellte. Es schneite
weiter. Alles war herrlich weiß. Die Hundehütte bekam eine
wunderschöne Schneehaube. Der Schnee glitzerte herrlich. Es
tat fast weh in den Augen. Ab und zu äugte Gockelhahn nach draußen.
Er war munter, aber was sollte er heute unternehmen? Es war alles
gefroren. Man fand keinen Wurm.
Nun musste
man mit dem Körnerfutter zufrieden sein. Bibi Hendi träumte vom
Frühling, von einem wunderschönen Spaziergang auf einer saftig
grünen Wiese und lächelte im Traum. Sie fühlte sich super wohl im
Bett und schaukelte sich immer mal wieder in einen neuen Traum.
"So ein Tag im Nest ist etwas Wunderschönes," sagte sie noch
verschlafen zu Gockelhahn. Der jedoch war nicht ganz ihrer
Meinung.
Er wollte was erleben. Es war ein Tag vor Weihnachten, und er
wusste, dass die Menschen zu dieser Zeit sehr hektisch sind.
Voriges Jahr hatte man sogar vergessen, die Körnerschale
aufzufüllen. Das war sonst nie passiert.
Der Hund liebte Weihnachten besonders. Er bekam ein großes Stück
vom Braten. Außerdem durfte er viele Knochen abnagen, und er war
damit den ganzen Weihnachtstag beschäftigt. Auch die Katze Lissy
fühlte sich besonders wohl. Sie durfte im hell erleuchteten
Wohnzimmer überall herumstöbern, bewunderte den Lichterbaum und
hätte am liebsten die bunten Kugeln herunter geholt. Doch sie ließ
es bei dem Wunsch, denn das hätte bedeutet, dass man sie hinaus
in die Kälte geschickt hätte.
So wurde sie von den Kindern viel gestreichelt und von den
Erwachsenen von einem Schoß zum andern gereicht. Das gefiel ihr.
Sie wurde wegen ihres traumhaften Fells bewundert, und das wusste
sie.
Einen Tag vor Heiligabend putzte sie sich stundenlang, damit sie
auch ordentlich glänzte.
Gockelhahn trieb es nun mit aller Kraft nach draußen.
Nun war im Hause ordentlich Betrieb. Ein großer Tannenbaum wurde
zurecht gestutzt. Man hatte alle Hände voll zu tun. Nach ihm sah
keiner.
Er besuchte kurz den Hund, der schon voller Vorfreude war. Die gute
Laune steckte Gockelhahn ein wenig an, und der Hund lud ihn in
seine Hütte ein, sich doch bei ihm etwas die Füße aufzuwärmen.
Katze Lissy saß im Hause auf der Fensterbank und schaute den beiden
zu. Ihr Schwänzchen ging hin und her, dann schleckte sie wieder ihr
Fell. Dabei verrenkte sie sich, um ja jede Stelle zu säubern. Es
sah allerliebst aus.
"Hoffentlich vergessen uns die Leute diese Weihnachten nicht
wieder," sagte Gockelhahn zum Hund. Der Hund, gutgelaunt, bot ein
Stück Kuchen und Kekse an, denn die erhielt er zusätzlich zu seinem
Braten. Das wusste er, und keiner sollte an Weihnachten hungern und
frieren.
So konnte Gockelhahn mit einer guten Nachricht heimkehren. Das war
sehr wichtig für ihn, denn er liebte sein Bibi Hendi, und er wollte
ihr eine Freude bereiten. Vorher sah er sich noch im Garten um,
besuchte seinen Lieblingsplatz unter der Tanne und freute sich
darüber, dass dort zum Glück kein Schnee lag. Zwar war die Kuhle
vom Sommer noch da, aber sie war kalt und hart. "Man müsste etwas
Heu hinein legen, dann könnte man sich auch im Winter ein wenig
dort aufhalten", dachte er bei sich.
Von diesem Platz aus konnte er alles überblicken, was im Haus und
im Garten los war. Er war neugierig, und außerdem hatte er dann
auch etwas zu erzählen. Da kam dann Leben in das Hühnerhaus, wenn
er die Neuigkeiten berichtete, und das machte ihm großen Spaß.
Nun konnte Weihnachten kommen. Die Mahlzeiten waren gerettet. Sie
hatten sogar etwas Süßes in Aussicht. Beide naschten gerne, und es
kam sehr selten vor, dass sie Kuchen und Plätzchen erwischten.
Meist war es nur ein kleines Stück, das einem Kind herunter
fiel.
Die Menschen wussten nicht, dass Bibihendi und Gockelhahn auch
Süßes liebten.
Überall waren nun Lichterbäume zu sehen. Gockelhahn staunte nicht
schlecht, als er abends seine Tanne hell erleuchtet sah. Er weckte
Bibihendi auf, denn so etwas hatte sie noch nicht gesehen.
Sie schauten lange hinauf bis zur Spitze und freuten sich über die
vielen Lichter. Es war so wunderschön. und sie vergaßen dadurch das
"Frühe zu Bett gehen." Das machte ja nichts. Es war
Weihnachten.
ARME HÜHNER
Bibi Hendi
erfuhr, dass in der Nachbarschaft in einer großen Halle viele,
viele Hühner in Legebatterien auf engstem Raum leben würden. Sie
konnte sich das gar nicht vorstellen, und so bat sie eines Tages
Gockelhahn, sie doch einmal dorthin zu begleiten. Sie wollte es
genau wissen, sich selbst ein Bild machen und sehen, ob die
Schauergeschichten, die darüber erzählt wurden, wirklich wahr
sind.
So machten sie sich früh auf den Weg. Es war noch fast dunkel. Sie
sprachen unterwegs kaum ein Wort. Jetzt näherten sie sich langsam
dem fremden Grundstück und schlüpften durch den Zaun. Ein
klägliches Gackern drang an ihre Ohren. Sie suchten eine kleine
Öffnung, die in die Halle führte. Es waren mehrere solche Schlitze,
die für Frischluft vorgesehen waren. Vorsichtig schlichen sie
hinein.
Sie
erschraken fürchterlich, als sie die zerrupften Hühner sahen. Sie
waren zerzaust, den meisten fehlte ein Teil der Federn. ängstlich
sahen sie zu Bibi Hendi und Gockelhahn. Sie gackerten ganz
aufgeregt durcheinander, so dass man sie nicht gleich verstehen
konnte. Dicht an dicht waren sie in Legebatterien
eingesperrt.
Bibi Hendi
wurde es beim Anblick dieser armen Hühner ganz schwindelig im Kopf.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich gefasst hatte. Ihr erster
Gedanke war: Wie kann ich ihnen helfen? Das war ja wirklich ein
Bild des Jammers. Die Hühner konnten sich kaum bewegen. Dadurch
waren ihre Beine verkümmert, die Flügel hingen schlaff herunter,
und es stank fürchterlich.
Vor den
Batterien waren Schnüre gespannt, die als Absperrung dienten.
Die Hennen erzählten aufgeregt, wie schlecht es ihnen ging. Bibi
Hendi und Gockelhahn hörten erst einmal aufmerksam zu, dann
versprachen sie den Hennen, ihnen irgendwie zu helfen, doch wie,
das wussten sie im Moment noch nicht.
Auf dem Rückweg sprachen beide kein Wort. Sie überlegten
angestrengt. Was war zu tun? Als erstes, nachdem sie sich vom
Schreck einigermaßen erholt hatten, beschlossen sie, allen
Bekannten die schreckliche Wahrheit zu erzählen und sie auch um
ihren Rat zu fragen. Bibi Hendi und Gockelhahn wussten, dass sie
selbst nicht viel ausrichten konnten. Da brauchte man gute, starke
Freunde.
Der Hund war gleich bereit, zu helfen. Er bot sich an, mit seinen
starken Zähnen die Seile durchzubeißen. Doch alleine konnte er das
auch nicht bewältigen.
Da mussten noch einige mithelfen, um die vielen Boxen zu öffnen. Er
sagte: "Für mich ist das eine Kleinigkeit, denn schließlich beiße
ich mit meinen Zähnen die stärksten Knochen durch." Bibi Hendi und
Gockelhahn waren stolz darauf, solche Freunde zu
haben.
DIE BEFREIUNG
Der gute
Hund vom Hof, auf dem Bibi Hendi und Gockelhahn wohnten, holte noch
zwei Nachbarschaftshunde zur Unterstützung. Die Hunde waren schlank
und beweglich, denn sie mussten sich durch die Öffnungen hindurch
zwängen. Außerdem mussten sie mutig sein. Man konnte ja nie
wissen.
Bibi Hendi und Gockelhahn schlüpften als erste in die große Halle,
in der sich die eingesperrten Hühner in Legebatterien befanden. Sie
erzählten den Hennen von ihrem Befreiungsplan und bereiteten sie
auf die drei Hunde vor, die in Kürze mit der Befreiungsaktion
beginnen würden. Bibi Hendi sagte den Hennen, dass sie sich ganz
ruhig verhalten sollten, damit kein Mensch etwas merkt. Die Hunde
würden ihnen nichts tun, das könnte sie ihnen versichern. Sie seien
mitgekommen, um die Käfige zu öffnen. Bald würden sie in der
Freiheit sein.
Es klappte alles nach Plan. Eine Henne schlüpfte nach der anderen
durch die Löcher und war bald auf einer grünen Wiese. Die gute Luft
tat ihnen allen gut, aber auch die Bewegung. Manche konnten nicht
mehr richtig laufen. Sie humpelten teilweise auf einem Bein. Andere
wiederum schlugen mit den Flügeln, um schneller vorwärts zu
kommen.
Die Augen taten ihnen weh, denn das helle Licht war etwas Neues für
sie. Die Glieder schmerzten, aber all das war jetzt nicht wichtig.
Hauptsache von hier fort!
In einer Stunde waren sie alle befreit. Die grüne Wiese war
plötzlich voller Leben. Die Hunde entfernten sich lautlos, sie
waren müde und schlapp von der Anstrengung, denn sie musste viele
Seile durchbeißen. Die Zunge hing ihnen aus dem Maul, aber sie
schauten glücklich drein, denn sie hatten eine gute Tat
vollbracht.
Gockelhahn
führte seine große Hühnerschar, neben ihm lief Bibi Hendi, Richtung
Hof, auf dem sie wohnten. Es war ein Bild des Jammers diese
zerzausten, zerrupften, schmutzigen Hühner mit dem spärlichen
Federkleid. Die anderen Tiere erwarteten sie schon.
Der Bauer des Hofes, auf dem Bibi Hendi und Gockelhahn zu Hause
waren, traute seinen Augen nicht. Er wischte sich über die Brille,
um besser sehen zu können. Als erstes sah er seinen Hund mit der
hängenden Zunge, dann folgten die vielen, vielen Hühner, an der
Spitze der Gockelhahn.
So nach und nach verstand er, was da passiert war. Bibi Hendi und
Gockelhahn wussten um sein gutes Herz. Er würde dafür sorgen, dass
diese armen Kreaturen nicht mehr eingesperrt würden. Und sie hatten
sich nicht getäuscht.
IHR NEUES LEBEN
Wie der
Bauer das anstellte, wussten Bibi Hendi und Gockelhahn nicht. Ihnen
fiel nur auf, dass er die fremden Hühner nicht verjagte. Sie
durften auf der großen, grünen Wiese nach Herzenslust herum picken.
Jeden Morgen stellte er ihnen eine große Portion Körner und anderes
Kraftfutter hin, das sie gierig auffraßen. Allmählich wurden sie
dicker und runder.
An den
Kahlstellen wuchsen wieder Federn. Sie gackerten glücklich den
ganzen Tag. Ihr schmutziges Federkleid reinigte sich von Tag zu Tag
mehr. Auch das Laufen ging mit der Zeit besser. Die Flügel wurden
beweglicher, es war eine große Freude zu sehen, wie sie langsam
wieder gesund wurden.
Der Schuppen am Haus wurde ausgeräumt und entrümpelt, so dass die
Hennen bei Regen und Kälte einen Unterschlupf hatten. Der Bauer
baute Nester und legte Heu und Stroh hinein. So hatten sie eine
saubere Stelle zum Eierlegen. Er brachte auch einige Stangen an,
damit sie einen geeigneten Schlafplatz hatten.
Doch das fremde Hühnervolk blieb unter sich. Sie waren ängstlich
und liefen schnell zur Gruppe, wenn jemand sich ihnen näherte.
Wahrscheinlich hatten sie so viel Schreckliches erlebt und konnten
nicht so ein unbeschwertes, sorgloses Leben führen wie die anderen
Bewohner des Bauernhofes.
Bibi Hendi und Gockelhahn waren froh, ihnen mit Hilfe der Hunde zu
einem guten Leben verholfen zu haben, und sie würden es immer
wieder tun.