Christines kleine Schreibstube


 

Die Gans war für die Katz

Dieses Jahr sollte es zu Weihnachten eine Gans geben. Der Herr des Hauses hatte sie sich am 1. Weihnachtsfeiertag gewünscht.

Es sollte etwas besonderes sein.

Die gefrorene Gans wurde aufgetaut, sie war groß und passte in keinen Bräter. Schade, denn das bedeutete, dass nachher der ganze Backofen geputzt werden musste.

Gefüllt wurde sie mit einem Rezept aus dem Fernsehen. Dieses bestand aus:

 

Apfelsinen, Zwiebel, Karotten, Brotstückchen, und Gänseleber, alles wurde kleingeschnitten, angebraten, gewürzt mit etwas Majoran, Salz, Pfeffer, Zitronensaft, dann in die Gans gefüllt und mit Liebe zugenäht. Dafür war die Frau des Hauses zuständig.

Ihr grauste bei der Vorbereitung, aber sie hielt standhaft durch.

Der Geruch stieg ihr in die empfindliche Nase, und in ihrem Zustand, im dritten Monat schwanger, konnte  sie das gar nicht riechen.

 

So, und jetzt ab in den Backofen. Natürlich wurde sie während des Bratvorganges mehrfach mit dem Gänsefett übergossen.

Es roch im ganzen Haus.

Leider war der Besuch, der beim Gansessen mithelfen sollte, verhindert. Knödel und Rotkraut, alles war vorbereitet. Doch was nun?

 

Die Frau hatte schon vom Bratengeruch genug. So war die ganze Gans nur für den Herrn des Hauses.

Und der riss sich gierig einen Schenkel ab, was gar nicht leicht war und stellte fest, dass es eine alte Gans war, denn sie war trotz langer Bratzeit nicht zart geworden, und so war er schnell satt.

 

Nächsten Tag kam die Mutter kurz zu Besuch. "Mutti, du kannst die Gans samt Knödel und Rotkraut mitnehmen? Keiner isst sie mehr."

Mutti, eine sparsame Frau, wusste gleich eine Lösung.

 

"Ja, ich gehe zu meiner Schwester, dort sitzen heute sechs junge Leute, die werden sie schon schaffen."

 

Zum Glück hatte Mutter ein Auto. Die einbeinige Gans wurde in den Bräter gelegt, der Deckel schief darauf gelegt, denn dieser Vogel war so sperrig.

Knödel und Rotkraut waren leichter zu transportieren.

 

Die Schwester freute sich über die Gans, doch zu früh........

Das Federvieh wurde noch einmal in den Backofen gesteckt und bei niedriger Temperatur und mehrfachem Begießen eine Stunde gebraten. Das Biest muss doch weich werden.

Die Zeit wurde genutzt.

Es war viel Fonduefleisch vom Vortag übrig geblieben und da bot es sich an, ein gutes Goulasch zu kochen, das eingefroren für einige Tage reichte.

Es roch so gut aus der Küche, so dass die jungen Leute ein paar Mal mit fragenden Augen erschienen: "Ist es bald so weit?"

 

Die Schwester holte die Gans aus dem Ofen, das Fleisch  wurde mit einem elektrischen Messer von den Knochen getrennt. Manchmal waren die Finger geschickter als das Messer, und ab und zu wanderte ein kleines Stück in den Mund. Mutter half auch dabei, und es schmeckte den beiden Damen. Sie kicherten vor sich hin, denn sie merkten, dass sie so langsam satt wurden.

 

Die Füllung kam auf einen separaten Teller. Sie zerfiel etwas und wirkte nicht gerade appetitlich.

Nun wurde der Tisch gedeckt, die jungen Leute fanden sich ein.

Das Fleisch schmeckte sehr trocken und irgendwann erspähte ein junger Mann die große Pfanne mit dem Goulasch, das auf dem Herd stand.

 

"Können wir uns etwas davon nehmen?" Und die Schwester konnte nicht "nein" sagen.

So blieb das Gänsefleisch samt Füllung auf der großen Platte liegen, und die Goulaschpfanne wurde immer leerer.

Was geschah nun mit der Gans? Keiner wollte sie.

 

Mutter nahm die Fleischstücke mit. Am nächsten Tag aß sie einen Teil davon. Geschmacklich ganz gut, doch das Fleisch war zäh und schließlich konnte sie nicht bis zum Jahresende jeden Tag hintereinander Gans essen.

 

So schnitt sie kleine, mundgerechte Stücke und gab sie der Katze, die sie mit dankbaren, großen, erstaunten  Augen ansah.

 

Es schmeckte ihr vorzüglich. Gierig aß sie und kein Bröckchen ließ sie übrig.

Ein Festtagsschmaus. Sie dankte es mit ihren lieben Augen.

Ja, die Gans war für die Katz.

Sie sah ihr sogar etwas ähnlich.

Und wenn es nur die weiße Farbe ist.

 

 

 

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